flaggenverbot : Bürokratisch und überflüssig
Diejenigen, die in diesen Wochen wirklich nicht zu beneiden sind, sind ganz in Grün gekleidet, tragen Mützen oder Helm statt Sonnenbrillen, hocken in überhitzten Blechkisten und dürfen vor allem eines nicht: bei diesem schönen Wetter Fußball gucken.
Kommentar von UWE RADA
Dennoch nehmen Berlins Polizeibeamte den Dienst im Dienste von „Die Welt zu Gast bei Freunden“ bislang erstaunlich gelassen. Da werden Hosenbeine hochgekrempelt, SMS an Kumpels oder Freundinnen verschickt, und ein bisschen tröstet sich der Ordnungshüter auch mit den Farben der deutschen Elf – mit kleinen Wimpelchen an der Uniform oder etwas größeren am Mannschaftswagen.
Dass genau das nun untersagt wird, ist die erste WM-Posse in einer Stadt, die sich gerade anschickt, eine ähnliche Lässigkeit und Heiterkeit zu verbreiten wie vor mehr als zehn Jahren bei der Reichstagsverhüllung von Christo und Jeanne Claude.
Und es ist ein Unding obendrein. Natürlich sind die Beamten im Dienst zur Neutralität verpflichtet. Aber glaubt im Ernst einer, sie würden einen randalierenden Fan anders behandeln, nur weil eine Deutschlandfahne an der Wanne wedelt. Oder eben nicht?
Der Hinweis auf Neutralitätspflicht ist in diesem Zusammenhang keine Frage des Gebots oder des Anstands, sondern er ist typisch gestrig. So paradox es klingt: Ohne Schwarz-Rot-Gold an der Wanne ist die Berliner Polizei nach dem Wochenende deutscher, als sie es mit Farbenschmuck die Tage zuvor gewesen war. Schade eigentlich.
Bleibt als Hinweis auf den neuen Umgang mit den deutschen Nationalfarben nur noch der Blick auf Kreuzberg. Türkische und arabische Jugendliche ziehen mit der deutschen Fahne durch den Kiez. Wenn bei der nächsten WM oder Europameisterschaft die Türken wieder dabei sind, sollten neben deutschen auch türkische Fahnen an den Wannen hängen dürfen. Mindestens.