: Das eigenartige Schreiben in der Erinnerung
ERZÄHLERSTIMME Ein kleiner, dringlicher Hinweis auf den Schriftsteller Dieter Forte
Als der Schriftsteller Dieter Forte 1999 den Bremer Literaturpreis erhielt, entschuldigte er sich als Allererstes für seine leise Stimme. Der Krieg und „die Überlebenszeit danach“, so Forte, „nahmen mir den Atem“. Das ist – damals 54 Jahre nach Kriegsende – ein pathetischer Beginn für eine Dankesrede.
Doch dieser Autor kann solche schweren Zeichen beglaubigen. In seinem Roman „In der Erinnerung“ heißt es: „Die Stimmen der Lebenden übertönten bald die Stimmen der Toten, aber die Toten hatten recht, weil sie tot waren, und die Lebenden wussten sich nicht zu rechtfertigen, denn sie hatten nur durch Zufall überlebt.“ Forte schrieb seine vier Romane erst ab Mitte fünfzig – zu einem Zeitpunkt, wie er einmal sagte, „wo mir klar wurde: Wenn ich jetzt nicht anfange, dann erzähle ich das nie mehr.“ Heraus kam seine „Tetralogie der Erinnerung“. Vier Romane über den Krieg und das Erinnern – und untergründig darüber, eine eigene Erzählerstimme für die Lebenden zu behaupten.
Dieter Forte ist kein Unbekannter. Er hat Preise bekommen. Elke Heidenreich setzte sich für ihn ein. Volker Hage warb für ihn im Spiegel. Dennoch ist er noch (oder vielleicht noch einmal neu) zu entdecken. Zum 75. Geburtstag des Autors (am kommenden Montag) hat der Fischer Verlag Fortes Tetralogie in einem kleinen, feinen Karton neu herausgegeben – ein Karton, der, wenn man so will, mit leiser Stimme auftritt.
Man kann die Bände gut in eine Jackentasche stecken und im Park lesen. Wer Lust hat, sich tiefer mit diesem Werk zu beschäftigen, kann das mit dem Materialband „Es ist schon ein eigenartiges Schreiben …“ (Fischer, 2007) gut tun. DIRK KNIPPHALS
■ Dieter Forte: „Tetralogie der Erinnerung“. Fischer, Frankfurt a. M. 2010, 4 Bd., zus. ca. 970 Seiten, 39,95 Euro