: Fatale Handy-Anrufe vom ehemaligen Mandanten
BRANDENBURG Justizminister musste wegen Affäre um mögliche Häftlingsbegünstigung zurücktreten
BERLIN dpa | In Brandenburg ist am Samstag der bisherige Justizminister Volkmar Schöneburg von der Linkspartei von seinem Amt zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenz aus einer Affäre um die Begünstigung eines Häftlings und früheren Mandanten. Der 55-jährige Politiker hatte in seiner Zeit als Strafverteidiger von 2001 bis 2006 auch einen Sexualstraftäter vertreten. Am Mittwoch hatte er, nunmehr als Justizminister, eine geplante Verlegung dieses Häftlings aus seinem Gefängnis in der Stadt Brandenburg an der Havel in eine andere Haftanstalt in Cottbus persönlich gestoppt.
„Ich habe mir vorzuwerfen, dass ich die Entscheidung selbst getroffen habe“, sagte Schöneburg am Samstag nach einer Krisensitzung der Linken in Potsdam. Der Linken-Politiker räumte ein, von dem Häftling auch mehrfach auf seinem Privathandy angerufen worden zu sein. Er will aber nie auf die Anrufe reagiert haben. „Ich habe mir aber vorzuwerfen, dass ich nicht die Sperrung der Nummer veranlasst habe“, hatte Schöneburg am Donnerstag gesagt. Am Wochenende waren neue Details bekannt geworden. So sollte der Minister mit einem Brief eines Häftlings unter Druck gesetzt werden. Schöneburg erklärte am Samstag zu dem von ihm verfügten Stopp der Häftlingsverlegung: „Die von mir vorgenommene Entscheidung halte ich aber für richtig, weil sie unverhältnismäßig war.“ Der Häftling sollte unter Zwang von mehreren Justizbeamten nach Cottbus verlegt werden, weil er mit Drogen gehandelt und Mithäftlinge bedroht haben soll. Am Freitag wurde er dann ohne Anwendung von Gewalt nach Cottbus überführt. Der Häftling war lange Zeit mit einem anderen Gefangenen, mit dem er eine Sexualstraftat begangen hatte, in einer Zelle untergebracht. Die beiden Männer waren ein Paar.
Volkmar Schöneburg war rund vier Jahre Justizminister in Brandenburg – das Land wird von einer Koalition aus SPD und Linkspartei regiert. Sein Rücktritt ist aber nicht der erste in dieser Legislaturperiode in Brandenburg: Seit 2009 hat die rot-rote Landesregierung in Potsdam bereits vier Minister verloren. Zudem gab der frühere Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) aus gesundheitlichen Gründen sein Amt auf. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), als Platzecks Nachfolger selbst erst seit vier Monaten im Amt, sagte nach dem Rücktritt, Schöneburg habe wertvolle Arbeit für das Land Brandenburg geleistet. Der Regierungschef hatte sich zuvor allerdings nicht eindeutig an die Seite seines Ministers gestellt und von ihm weitere Aufklärung verlangt.
Brandenburgs Linken-Parteichef Stefan Ludwig erklärte, eine Entscheidung über die Nachfolge werde Anfang der Woche verkündet. Der 55-jährige Strafrechtler Schöneburg war viele Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter. später arbeitete er als Anwalt, bevor er im Jahr 2009 zum Justizminister in Brandenburg ernannt wurde. Unter seiner Regie wurde im Frühjahr ein neues Strafvollzugsgesetz verabschiedet, das etwa im Jugendarrest vor allem auf Resozialisierung setzt. Das Leben im Strafvollzug solle dafür weitestmöglich „den allgemeinen Lebensverhältnissen“ angeglichen werden.