Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Sommerzeit, Badezeit. Bloß dass sich das Baden nicht mehr jeder leisten kann, seit aus Badeanstalten Badeagenturen wurden und die Preise entsprechend explodierten. Ähnlich war’s schon mal um 1930, als Erika Mann ihr Kinderbuch „Stoffel fliegt übers Meer“ geschrieben hat. In der Badeanstalt seiner Eltern am Blaubergsee herrscht Flaute. Der kleine Stoffel will einen reichen Onkel in Amerika als Investor gewinnen und fliegt deshalb als blinder Passagier mit dem Zeppelin nach New York. Tristan Berger und Anna Wenzel haben das Kinderbuch fürs Theater bearbeitet: Uraufführung ist heute.
Vor der Kulisse Museumsinsel spielt das Hexenkessel-Hoftheater ab Montag Shakespeares Beziehungsstück „Der Widerspenstigen Zähmung“.
Im HAU finden bilderübersättigte Fußballflüchtlinge Asyl: Bis zum 15. Juni gibt es Anselm Frankes und Sebastian Baumgartners „Wagner-Hörschule“. Dafür wurde das HAU 1 leer geräumt und eine festliche Tafel aufgebaut, an der man sitzen, essen, Wagner hören und unter professoraler Anleitung diskutieren kann.
Sehr empfehlen möchten wir ein Gastspiel der Münchner Kammerspiele an der Schaubühne: Luc Percevals umstrittene wie gefeierte Inszenierung von Shakespeares „Othello“ (16.–18. Juni). Feridun Zaimoglu und Günter Senkel haben die Spielfassung geschrieben, weshalb die venezianischen Granden nun lupenreine Kanak Sprak sprechen. Othello ist weiß, und sein Minderwertigkeitskomplex buchstabiert ihm die Gefühle vor. Die Bühne von Katrin Brack ist bei aller Dramatik ausgesprochen witzig: ein weißer und ein schwarzer Flügel, in „Missionarsstellung“ übereinander gestellt. Am oberen, schwarzen (!), sitzt der Jazzpianist Jens Thomas und spielt wie Jago auf den Gefühlen Othellos: Bis es zur bekannten Katastrophe kommt und Othello seine Desdemona erwürgt.