berliner szenen Auf der Gartenschaukel

Kuttner und Bela

Mal wieder Karrera Club. Bin ein bisschen aufgeregt, schließlich gehörte ich bereits bei meinem letzten Besuch vor Jahren zu den Betagtesten. Vielleicht bin ich mit meinen 28 nun sogar der Älteste des Abends. 23 Uhr ist der Hof vom Rosi’s schon voll. Viele der Fußballfans, die hier das Spiel Ecuador gegen Polen verfolgten, sind geblieben und genehmigen sich auf Holzbänken und Gartenstühlen noch ein letztes Beck’s oder eine Afri-Cola.

Der Altersdurchschnitt ist erfreulich hoch. Ein Blick in die Runde verrät mir, dass einige der Gäste die 30 längst überschritten haben. Ganz hinten am Zaun in der Gartenschaukel Bela B. und Sarah Kuttner. Wenige Minuten später küssen sie sich. Was bleibt ihnen anderes übrig? Als einzige anwesende Promis haben sie ja nur sich. Mittlerweile trifft auch das Britpop-Publikum ein. Nachdem genug davon in der Club-Baracke verschwunden ist, wage auch ich mich hinein.

Das Mädchen vor mir im weißen Trägershirt verschafft sich Einlass, indem es dem Türsteher um den Hals fällt. Von mir will er indes den Stempel sehen. Drinnen deutlich mehr Jungvolk. Ich identifiziere nur drei Tanzende aus meiner Generation. Wenigstens kenne ich noch die meisten Songs. Neben mir schwofen zwei etwa 20-jährige Historikerinnen, die sich alle drei Lieder theatralisch eng umschlungen ineinander verbeißen. Mehrere Typen verstehen das als Aufforderung zur Anmache und holen sich eine Abfuhr. Dank meiner größeren Lebenserfahrung halte ich mich raus. Ich weiß, dass sie mit den Kerlen nur spielen. Gegen zwei habe ich genug gesehen. Ich verlasse den Club. Die Schaukel von Bela B. und Sarah Kuttner ist wieder leer. Sie werden bereits auf dem Heimweg sein. Sind ja auch nicht mehr die Jüngsten.

STEPHAN ZEISIG