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Archiv-Artikel

Nadelstiche aus Buenos Aires gegen London

ENERGIE Argentiniens Regierung beschließt drakonische Strafen für Firmen, die rund um die Falkland-Inseln nach Öl oder Gas bohren. Es geht um viel Geld: Im Südatlantik werden riesige Vorkommen vermutet. Die Briten sind bereits fündig geworden

BUENOS AIRES taz | Unwissenheit schützt auch am Río de la Plata vor Strafe nicht. Künftig sollten Geschäftsreisende, die nach Argentinien unterwegs sind, sich vorab erkundigen, ob ihre Firma in irgendeiner Weise mit der Erforschung oder Ausbeutung der Öl- und Gasvorkommen rund um die Falkland-Inseln zu tun haben.

Der Kongress in Buenos Aires mit hat nämlich saftige Strafen für ausländischen Unternehmen beschlossen, die ohne Einwilligung der Regierung rund um die Inselgruppe 500 Kilometer östlich der argentinischen Küste nach Bodenschätzen suchen. Die Strafen sind happig: Angedroht sind bis zu 15 Jahren Gefängnis, Geldbußen bis zu einem Gegenwert von 1,5 Millionen Fass Rohöl sowie das Verbot für Firmen und deren Angestellte, in und mit Argentinien Geschäfte zu machen.

Die Reform zielt vor allem auf Großbritannien ab. 2010 installierten britische Ölfirmen die erste Bohrinsel in den Küstengewässern, 2012 eine zweite. 120 Bohrfelder wurden inzwischen ausgekundschaftet. Die Vorkommen werden auf knapp 13 Milliarden Fass Öl geschätzt. Argentinische Experten schätzen, dass rund um die Falkland-Inseln einmal so viel Öl gefördert werden könnte wie in Saudi-Arabien.

Es geht also um sehr viel Geld. Deshalb ist die Reaktion der britischen Regierung auch unmissverständlich: „Die internen argentinischen Gesetze haben auf den Falklandinseln keine Gültigkeit“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Die Erforschung und Förderung von Öl und Gas finde unter britischer Souveränität statt und werde von der Inselregierung kontrolliert.

Die Falkland-Inseln (Las Malvinas) sind bereits seit zwei Jahrhunderten ein Streitobjekt zwischen Argentinien und Großbritannien. 1982 haben die beiden Länder einen Krieg um die Inselgruppe geführt, bei dem rund 900 Menschen starben. Nachdem argentinische Truppen die Insel besetzt hatten, schickte die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher 5.000 Soldaten in den Südatlantik. Argentinien kapitulierte am 14. Juni 1982.

Heute sind dort rund 1.000 britische Soldaten stationiert. Außerdem leben knapp 3.000 Bewohner überwiegend britischer Abstammung auf der Inselgruppe im Südatlantik. Sie haben sich in der Vergangenheit wiederholt für eine Zugehörigkeit zu Großbritannien ausgesprochen. Zuletzt stimmten sie im März bei einem Referendum abermals mit großer Mehrheit für den Verbleib bei Großbritannien. Allerdings sind sie damit noch nicht Teil der EU.

Verhandlungen zwischen Buenos Aires und London, die Bodenschätze gemeinsam auszubeuten, wurden bereits 2007 von argentinischer Seite abgebrochen. Die Briten verstießen ständig gegen bereits ausgehandelte Vereinbarungen, so der damalige Vorwurf. Gemunkelt wurde jedoch, dass die argentinischen Unternehmen technisch und finanziell gar nicht in der Lage wären, mit den Briten mitzuhalten.

Die jetzt beschlossene Strafverschärfung ist jedoch nicht der erste Versuch Argentiniens, international gegen Unternehmen vorzugehen, die sich direkt oder indirekt an der Erforschung und Ausbeutung der Vorkommen um die Falkland-Inseln beteiligen. Die argentinische Botschaft in London hatte bereits in der Vergangenheit über 200 Briefe an Banken und Firmen verschickt und ein juristisches Vorgehen vor internationalen Gremien angekündigt. JÜRGEN VOGT