schering-übernahme : Merck gewinnt so oder so
Die Übernahme-Schlacht um das einzige Berliner DAX-Unternehmen, den Pharmakonzern Schering, endet, wie sie begonnen hat: furchtbar. Schering wird als eigenständiges Unternehmen vom Markt verschwinden, so viel war gleich klar. Jetzt droht sogar die Zerschlagung.
KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER
Denn Merck – der kleinere Konkurrent aus Darmstadt, mit seiner Familienstruktur unangreifbar auf den internationalen Finanzmärkten – treibt den Preis für Bayer, das Schering schlucken will, spekulativ in die Höhe. Eine Win-win-Situation für die Darmstädter: Entweder Bayer zahlt mehr, oder sie kriegen Filetstücke Scherings. Den Preis dafür zahlt die Belegschaft, in Form verschärften Jobabbaus.
Die Berliner Politik steht diesem Kampf machtlos gegenüber. Selbst nationalstaatliche Regelungen, die zu schluckende Unternehmen im Falle feindlicher Übernahmeversuche besser schützen könnten, dürften nur eine begrenzte Wirkung entfalten: Sind sie zu streng, drohte die Isolierung der hiesigen Finanzmärkte. Sind sie zu lasch, wären sie verzichtbar. Wirklich helfen könnte eine international abgestimmte Kontrolle der Finanzmärkte – allerdings erscheint diese derzeit kaum durchsetzbar.
Schering hatte in dieser Situation die Flucht nach vorn gesucht: Der Konzern steigerte die Gewinne, wurde attraktiver – und teurer. Zudem setzten die Weddinger auf Produkte in Nischenmärkten, die kaum kompatibel zu den Konkurrenten waren. Schering ging deshalb bei Akquisitionen vorsichtig vor: Gekauft wurde nur, was passte. Mit seiner feindlichen Übernahme-Offerte hatte Merck diese Klein-aber-fein-Strategie mit einem Schlag durchkreuzt. Besonders bitter ist für Berlin vor allem eines: Die Nutznießer sitzen in Darmstadt, so oder so.