ORTSTERMIN: CASTING ZUM FC ST. PAULI-SPIELFILM „NIEMAND SIEGT AM MILLERNTOR“
: Zu Hause im Stadion

Der Film gilt den FC St. Pauli-Fans. Er wendet sich auch an ein Publikum, das mit Fußball nichts am Hut hat

Bücher über den FC St. Pauli gibt es massenweise. Klamotten und Toaster mit Totenkopf sowieso. Musik auch, als Compilation, 100 Songs von 100 Bands. Nun kommt im Filmbereich auch noch ein Spielfilm dazu. Damit ist der FC St. Pauli in allen Medien in allen Spielarten vertreten. Der FC St. Pauli gehört nicht mehr nur zur Welt des Sport. Mit dem Spielfilm ist er endgültig auch Pop.

Der Film heißt „Gegengerade – Niemand siegt am Millerntor!“ und soll im Frühjahr 2011 in die Kinos kommen. Er handelt von fünf Leuten, die aus höchst unterschiedlichen Milieus stammen und sich im Stadion treffen. In Rückblenden erzählt der Film vom Leben der fünf, von ihren Rückschlägen, Hoffnungen und Schicksalen. Auf der Ebene der Gegenwart läuft ein St. Pauli-Spiel, das allerdings im Film nie gezeigt wird. Der Film gilt den FC St. Pauli-Fans. Und wendet sich auch an ein Publikum, das mit dem Sportlichen beim Fußball nichts am Hut hat.

Weil die fünf Fans nicht alleine im Stadion sind, lud der 28-jährige Regisseur Tarek Ehlail am Wochenende zum Statisten-Casting ins Millerntor-Stadion. Nach und nach ruft ein Mann im besten Alter mit Nickelbebrillte die versammelten St. Pauli Fans auf, die in vier Wochen Drehzeit im Juli und August kostenlos als Statisten ihrem Verein Ehre machen wollen. Der füllige Mann mit dünnem Pferdeschwanz und Plastikbierbecher, der jetzt aufsteht, arbeitet für ein Kreditkarten-Callcenter. Für den Film würde er aber auch mal einen Tag frei nehmen, oder seine Schichten umlegen. „Das muss schon drin sein.“

Es sind auch viele Kinder gekommen. Chelsea und Owen-Thierry sind von ihrer fußball- und St. Pauli-begeisterten Mutter schon als Säuglinge mit ins Stadion gebracht worden. Sie selbst sei, sobald sie konnte, ihrem Bruder nach Hamburg hinterhergezogen – nicht zuletzt wegen des Fußballvereins, bei dessen Spielen sie sich „einfach zuhause“ gefühlt habe.

Skeptiker gibt es natürlich auch. Andi, ein bisschen herb, mit Wollmütze, „will sich das hier mal alles so angucken“. Man könne, dessen sei er sich gewiss, sowieso nicht das Feeling, das hier unter der Fangemeinde so vorherrsche, einfangen. Da müsse man also ein Auge drauf werfen, was die hier so machen. Außerdem habe er heute sowieso nichts Besseres vor.

Den Weg hierher hat er aber trotzdem gefunden. Schließlich ist der FC St. Pauli zwar nicht Produzent des Films, dafür aber immerhin „offizieller Unterstützer“. Produziert wird der Film von den Firmen Triple Beat und Sabotakt. Letztere produzierte auch den Film „Chaostage“. Und bei dem wirkten auch echte Punks, die an den echten Chaostagen beteiligt waren, mit.

REBECCA CLARE SANGER