: VW will Lohn kürzen
VW möchte zur 35-Stunden-Woche zurückkehren – IG Metall ist nur zu weiterem Sondierungsgespräch bereit
HANNOVER taz ■ Volkswagen will die Arbeitszeit um 6,2 Wochenstunden verlängern – und zwar ohne Lohnausgleich. Das verlangt Europas größter Autobauer von den gut 100.000 Beschäftigten in seinen 6 westdeutschen Werken. Damit kehrt der Konzern von der 28,8-Stunden-Woche zurück zur normalen 35-Stunden-Woche. Dies entspricht einem Lohnverzicht von etwa 20 Prozent. VW würde damit rund 1 Milliarde Euro jährlich sparen und will dadurch seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Auch Gewerkschaftssprecher Jörg Köther räumt ein: „Wir wissen um die schwierige Lage des Unternehmens.“
Die Zahl der Beschäftigten in den 6 Werken und ihre Wochenarbeitszeit sind in einem Haustarifvertrag bis 2011 garantiert. Allerdings gilt dieser Vertrag längst nicht mehr für alle VW-Beschäftigten. So können bei Neueinstellungen andere Bedingungen vereinbart werden. Für Auszubildende gilt nach ihrer Lehrzeit sowieso schon die 35-Stunden-Woche.
Es ist offen, ob sich die IG Metall auf neue Tarifverhandlungen über den VW-Vorschlag einlässt. Gewerkschaft und Konzern vereinbarten nur, vor den Sommerferien ein zweites Sondierungsgespräch zu führen. „Volkswagen will 6,2 Wochenstunden mehr für lau“, beschwerte sich IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine und nannte den VW-Vorschlag ein „unausgegorenes Konzept“.
In den 6 westdeutschen Werken ist die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Anfang des Jahrzehnts lag sie im Schnitt bei über 32 Wochenstunden, mittlerweile sind es nur noch 30. Wenn die Beschäftigten mehr als 28,8 Stunden arbeiten, wird ihnen dies bislang auf dem langfristigen Arbeitszeitkonto gutgeschrieben oder ausgezahlt. Bei VW sind längst auch Wochenarbeitszeiten bis 38 Stunden möglich – wenn sie entsprechend entlohnt werden.
Die IG Metall warnt, dass eine reguläre 35-Stunden-Woche die Zahl der überzähligen Beschäftigten noch steigen lasse. Analysten rechnen damit, dass bis zu 30.000 Stellen entfallen könnten. VW selbst kalkuliert mit 20.000 gefährdeten Jobs. Betriebsratschef Bernd Osterloh moniert, dass der Konzern „nicht aufzeigen kann, was mit dem Personal passiert“. Um einen drastischen Stellenabbau zu vermeiden, hat der Konzern angekündigt, dass er die Produktion weiterer Modelle nach Deutschland holen könnte, falls die IG Metall bereit ist, sich auf längere Arbeitszeiten einzulassen.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) trat gestern dafür ein, die Arbeitszeit zu verlängern, ohne die seinerzeit vereinbarten Abstriche rückgängig zu machen: „Wir alle müssen mehr tun, mehr leisten.“ JÜRGEN VOGES
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