piwik no script img

Archiv-Artikel

Bayer kann Schering schlucken

Die geplante Übernahme von Schering wird für den Leverkusener Pharmakonzern Bayer noch etwas teurer. Rivale Merck kann sich über fette Spekulationsgewinne freuen

Der Leverkusener Chemie- und Pharma-Konzern Bayer kann das Berliner Pharma-Unternehmen Schering übernehmen. Bayer einigte sich gestern mit seinem Rivalen, der Darmstädter Pharma-Firma Merck, auf einen höheren Preis je Schering-Aktie. Statt 86 Euro soll das Papier nun 89 Euro kosten. In den vergangenen Tagen hatte Merck seinen Schering-Anteil auf über 20 Prozent erhöht – und streicht nun einen spekulativen Extragewinn von rund 400 Millionen Euro ein.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei.PDS) nahm nach Bekanntwerden der Einigung auch kein Blatt mehr vor den Mund. „Damit hat sich Merck nicht wie ein nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen, sondern wie ein Hedge-Fonds verhalten, der einzig und allein auf schnellen und maximalen Spekulationsgewinn ausgerichtet ist.“ Insgesamt werde die Übernahme nun teurer als geplant. „Ich teile die Sorge der Belegschaften, dass dies auf Kosten von Arbeitsplätzen bei beiden Unternehmen geht, und appelliere an Bayer, im Falle der Fusion keine Entlassungen vorzunehmen.“ Bayer sei als Partner von Schering in Berlin willkommen. Mit Bayer Schering Pharma könne ein Unternehmen entstehen, das sich global behaupte. Das biete gute Chancen für die Gesundheitswirtschaft.

Mit einer gewissen Erleichterung reagierte gestern auch Schering-Betriebsratschef Norbert Deutschmann. Die Zerschlagung des Unternehmens sei nun vom Tisch. Allerdings gebe es im Betrieb die Befürchtungen, dass Bayer beim Arbeitsplatzabbau nun stärker als bislang geplant zulange. „Wir erwarten, dass Bayer seine Zusagen einhält und in Berlin nicht mehr als 500 Stellen streicht.“ In diesem Fall sei man zu einer konstruktiven Zusammenarbeit bereit. Das Vorgehen Mercks kritisierte Deutschmann scharf. „Die Familie Merck wird reicher, weil Menschen, die eine Familie zu ernähren haben, ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen verlieren.“

Merck-Chef Michael Römer wies den Spekulationsvorwurf zurück. Mit dem Kauf der Schering-Aktien zwischen 30. Mai und 14. Juni habe das Unternehmen das Ziel verfolgt, sein langfristiges strategisches Interesse an Schering zu wahren. „Kurzfristige Spekulationsgewinne waren nie unser Ziel“, meinte Römer. RICHARD ROTHER