70 Festnahmen nach Protesten in Teheran

Bei einer Kundgebung für Frauenrechte tun sich besonders iranische Polizistinnen beim Prügeln hervor

BERLIN taz ■ Bei einer Frauenkundgebung in Teheran sind siebzig Personen festgenommen worden. Dies gab Justizsprecher Kamal Elham gestern vor Journalisten bekannt. Unter den Festgenommenen befänden sich 42 Frauen und 28 Männer. Ihnen werde die Teilnahme an einer illegalen Demonstration vorgeworfen, sagte Elham.

Zu der Demonstration, die am Montag stattfand, hatte eine Gruppe von Aktivisten der Frauenbewegung aufgerufen. „Wir Frauen haben am 12. Juni vergangenen Jahres unseren Protest gegen alle Gesetze, die die Rechte der Frauen missachten, bekundet“, heißt es in dem Aufruf. „Doch wir haben auf unsere Forderungen keine Antwort erhalten. Deshalb werden wir uns in diesem Jahr wieder versammeln, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.“

In dem Aufruf verlangen die Frauen unter anderem das Verbot der Polygamie, gleiches Scheidungsrecht und Sorgerecht für Männer und Frauen, von Ehemännern unabhängige Bürgerrechte und Aufhebung aller Benachteiligungen der Frauen im Arbeitsrecht. Diese ungleichen Rechte und Gesetze seien nicht nur für Frauen diskriminierend, auch ihre Wirkung auf die Familie und Gesellschaft sei zerstörerisch. „Wir fordern, dass die Eheschließung für Frauen erst ab dem 18. Lebensjahr erlaubt sein soll und weisen darauf hin, dass laut offizieller Statistik 78 Prozent aller Ehen, die mit Frauen unter 18 Jahren geschlossen wurden, geschieden wurden.“

Dem Aufruf waren rund tausend Frauen gefolgt. Auch zahlreiche Männer nahmen an der Demonstration teil. Doch bevor die Kundgebung beginnen konnte, wurden die Teilnehmerinnen von mehreren Hundertschaften der Polizei angegriffen und auseinander getrieben. Die Ordnungskräfte, zum größten Teil Polizistinnen, waren mit Knüppel und „Pfefferspray“ bewaffnet. Sie schlugen auf die Frauen ein, sprühten ihnen Spray ins Gesicht, rissen ihnen – ungeachtet der islamischen Kleidungsvorschriften – den Tschador vom Leib und zerrten sie an den Haaren. Es war das erste Mal, dass Polizistinnen gegen Demonstranten eingesetzt wurden. Augenzeugen berichten, dass gerade sie besonders brutal vorgingen.

„Es scheint, dass einige Gruppen die Absicht haben, die Menschenrechte im Iran in Misskredit zu bringen“, sagt Justizsprecher Elham. Auf die Frage eines ausländischen Journalisten nach Gewaltanwendung der Polizei und zahlreichen Festnahmen, sagte er, niemand habe das Recht, andere zu schlagen. Es könne aber sein, dass es bei der „Begleitung“ der Demonstranten zu den Polizeifahrzeugen zu „Reibereien“ gekommen sei.

Am Dienstag veröffentlichten namhafte MenschenrechtlerInnen, darunter die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, eine Erklärung, in der sie betonen, dass laut Verfassung der Islamischen Republik friedliche Demonstrationen, sofern sie sich nicht gegen den Islam richten, erlaubt seien. Nicht die friedlich demonstrierenden Frauen hätten die Menschenrechte verletzt und die Sicherheit des Landes beeinträchtigt, sondern jene Kräfte, die brutal gegen Bürgerinnen und Bürger vorgegangen seien. BAHMAN NIRUMAND