fußballdeutsch : Die List der Vernunft
Ist das Glück oder Können? Integrationsminister Armin Laschet ist nach eigenem Bekunden zwar erst seit zwei Jahren Fußballfan. Nach der Weltmeisterschaft wird der CDU-Politiker bestimmt ein noch begeisterter Verfechter des Kicks. Denn im Umfeld des Fußballs findet Laschet die besten Argumente für seine konservative Vision einer Einwanderungsgesellschaft. Es fehlt nur noch, dass türkische oder taiwanesische Communities das Lied der Deutschen schmettern, dann wäre auch der letzte Xenophobe in der CDU voll auf Kurs.
KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN
Es ließe sich nun entgegnen: Die allgemeine Begeisterung in den deutschen Nationalfarben ist nichts weiter als eine Masche wie Weihnachtsbeleuchtung in Fenstern von Muslimen. Doch ist das zu kurz gedacht. Deutschstämmigen Fans mag es – hoffentlich! – entspannt von der Hand gehen, wenn sie Fähnchen ans Auto binden. Einem Türken der zweiten, dritten Generation müsste das eigentlich schwerer fallen. Denn er fährt mit der Fahne des Landes herum, das ihn kaum integrieren wollte.
Ob Türken oder Jugoslawen – als sie angeworben wurden, sollten sie arbeiten und dann verschwinden. Als sie blieben, wurden sie stigmatisiert als Arbeitsplatzbesetzer, Andersdenkende, Terroristen, Parallelgesellschaftler, Frauenfeinde. Ihr schwarz-rot-goldener Schmuck wirkt nun wie eine List der Vernunft: Die im Migrationshintergrund verbrüdern sich mit dem Gegner, beweisen damit, dass sie längst angekommen sind.
Und diesmal gibt sich die Vernunft besonders listig: Obwohl in der DFB-Auswahl kein Nachkomme von Gastarbeitern spielt, obwohl der deutsche Fußball nur selten sein Integrationsversprechen einlöste, wird die Nationalelf zum Nenner des Multikulturalismus und ausgerechnet ein CDU-Politiker zum Vordenker eines bunteren Nationalgefühls.