: Geflügelzüchter gegen Stallpflicht auf ewig
Die Stallpflicht für Geflügel könnte wegen der Vogelgrippe bald unbefristet gelten. Geflügelhalter in Westfalen fürchten deswegen um ihre Zukunft. Heute demonstrieren sie in Hannover gegen die Dauer-Käfighaltung
WESTFALEN taz ■ Rund 200 Geflügelhalter und Verbraucher aus Westfalen werden heute in Hannover zu einer bundesweiten Demo „Freiheit fürs Federvieh“ erwartet. Anlass der Demonstration ist eine Sitzung des Agrarausschusses am Montag, bei der die Verbraucherschutzminister der Länder den Beschluss über die Stallpflicht debattieren. Diese war bislang befristet und soll künftig unbefristet gelten. Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) will dafür im August die Zustimmung des Bundesrates.
„Wenn das durchgeht, wird Stallhaltung die Regelhaltung“, empört sich Sybille Stöckmann. „Wer dann noch Geflügel im Freiland halten will, braucht eine Genehmigung. Das kostet 40 bis 50 Euro. Für Selbstversorger und Rassegeflügelzüchter lohnt sich das nicht mehr.“ Die Hobby-Halterin aus Bönen hat die Demonstration initiiert und mit angemeldet. In Westfalen werden drei Viertel der Geflügelprodukte von NRW produziert, etwa fünf Prozent davon in Freilandhaltung. Von den Maßnahmen gegen die Vogelgrippe sind vor allem unzählige Selbstversorger und Rassegeflügelzüchter in Nordrhein-Westfalen betroffen.
Markus Fliege, Sprecher des Umweltministeriums von Nordrhein-Westfalen, hält die Sorgen der Gefügelhalter für unbegründet. „Nordrhein-Westfalen wird mit der Position in die Agrarausschusssitzung gehen, die Stallpflicht weiterhin auf Risikogebiete zu beschränken, um Freilandhaltung zu ermöglichen“, versicherte er. Darüber herrsche auch Einvernehmen zwischen den Ländern.
„Wenn die Hysterie mit dem Vogelzug im Herbst wieder einsetzt, werden die Länder ganz schnell weich werden“, fürchtet dagegen Sybille Stöckmann: „Seehofer hat schon im Mai gedroht, dass er sie zur Verantwortung zieht, wenn sie mit der Ausweisung von Nicht-Risikogebieten zu großzügig umgehen.“
Ministeriumssprecher Markus Fliege betont dagegen, dass man auch in der Vergangenheit Konflikte nicht gescheut habe: „Wir haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Geflügelmärkte in Westfalen wieder geöffnet werden. Sonst hätten die ihr Geschäft dicht machen können.“ Kleinbäuerliche Geflügelzüchter wie Jörn Mallitz tröstet das nicht: „Ich verkaufe selten mehr als zehn Wachteln pro Woche auf dem Markt. Dafür brauche ich jetzt ein Attest vom Tierarzt. Das kostet 15 bis 20 Euro. Bei einem Stückpreis von 4 Euro pro Wachtel lohnt sich das nicht“, rechnet Geflügelzüchter Jörn Mallitz vor.
Bis zu 15.000 der bundesweit 40.000 klein- und mittelbäuerlichen Geflügelzüchter werden nach Schätzungen des früheren Präsidenten der Landwirtschaftskammer NRW, Karl Meise, wegen der Maßnahmen gegen die Vogelgrippe aufgeben. Betroffen sind nach Schätzungen auch eine Million Selbstversorger sowie 380.000 Rassegeflügelzüchter. KATINKA SCHRÖDER