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Archiv-Artikel

Fünf Milliarden würden fehlen

FINANZEN Sollte die Gewerbesteuer wie von den Liberalen geplant wegfallen müssten Bund und Länder auf viel Geld verzichten. Als Alternative droht eine höhere Mehrwertsteuer

„Die Bürger würden mehr belastet, die Firmen weniger“

DETLEV RAPHAEL, SPD

VON HANNES KOCH

Die von Union und FDP geplante Abschaffung der kommunalen Gewerbesteuer würde zu erheblichen Steuerausfällen führen. Das ist das Ergebnis von Berechnungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kommunalsteuern“, die der taz vorliegen. „Das Prüfmodell führt zu jährlichen Steuerausfällen in Höhe von 5,35 bis 6,1 Milliarden Euro für den Gesamtstaat“, heißt es dort.

Diskutiert wurde der Zwischenbericht während der Arbeitsgruppen-Sitzung am Donnerstag, an der auch Vertreter der Kommunen teilnahmen. Die Berechnungen beziehen sich auf das so genannte FDP-Modell. Um die Unternehmen zu entlasten, wollen die FDP und Teile der Union die heutige Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Städte an der Einkommens- und Mehrwertsteuer ersetzen.

Der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeindebund lehnen das Modell ab. Sie plädieren stattdessen dafür, die Freiberufler wie Ärzte und Anwälte, die bislang keine Gewerbesteuer zahlen, einzubeziehen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann befürchtet, dass das Finanzierungsdefizit durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gedeckt würde. „Dadurch werden die Bürger zusätzlich belastet“, so Haßelmann.

Heute finanzieren sich die Kommunen zum guten Teil durch die Gewerbesteuer, deren Höhe sie mitbestimmen können. Dieses Jahr belaufen sich die Einnahmen auf rund 30 Milliarden Euro, die vor allem die in den Städten ansässigen Unternehmen und Gewerbebetriebe zahlen. Außerdem erhalten die Gemeinden Anteile der Einkommens- und Mehrwertsteuer.

Im neuen Modell würde die Gewerbesteuer abgeschafft. Stattdessen dürften die Städte eigene Zuschläge zur Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer für Firmen erheben, deren Sätze von Kommune zu Kommune schwanken können. Damit die Einkommenssteuer der Bürger im Vergleich zu heute gleich bleibt, müssten die aktuellen Steuersätze sinken. Der Eingangssteuersatz der Lohn- und Einkommenssteuer ginge von heute 14 auf 11,9 Prozent, der Spitzensteuersatz von 45 auf 38,25 Prozent zurück. Weil die gesonderte Gewerbesteuer wegfiele, würde dagegen der tarifliche Körperschaftssteuersatz für Unternehmen von heute 15 auf 24 Prozent erhöht. Zusammen mit dem neuen Kommunalzuschlag auf die Gewinnsteuer läge die Besteuerung der Firmen später auf ähnlicher Höhe wie heute. Damit die Kommunen keinen Verlust erleiden, würden sie zusätzlich einen größeren Anteil der Mehrwertsteuer erhalten.

Unter dem Strich würden Kapitalgesellschaften, Personenunternehmen und Einkommenssteuerzahler trotzdem um rund fünf Milliarden Euro entlastet. Denn bestimmte Kosten, die Unternehmen heute nicht von der Gewerbesteuer absetzen können, wären künftig abzugsfähig.

Die Frage ist, wie das Defizit von fünf bis sechs Milliarden Euro, das unter dem Strich entstünde, zu decken ist. In den Papieren der Kommission und des Finanzministeriums findet sich dazu nichts. Kritiker befürchten eine höhere Mehrwertsteuer, die alle Verbraucher bezahlen. Detlef Raphael, der Geschäftsführer der SPD-Gemeinschaft für Kommunalpolitik: „Die Bürger würden mehr belastet, die Firmen weniger. Deshalb kommt das Modell für uns nicht in Frage.“