: Ahmadinedschad sieht „Schritt nach vorn“
Erstmals scheint Irans Staatspräsident dem westlichen Lösungsvorschlag im Atomstreit eine Chance einzuräumen. Doch Skeptiker befürchten, er wolle damit nur die Positionen Chinas und Russlands einerseits und USA und EU andererseits spalten
VON BAHMAN NIRUMAND
Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad hat zum ersten Mal offiziell zu dem Lösungsvorschlag der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands Stellung genommen. „Wir bewerten das Angebot als einen Schritt nach vorne, und ich habe meine Kollegen angewiesen, es genau zu prüfen“, sagte er gestern in Schanghai nach einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao. Teheran werde „zu gegebener Zeit“ eine Antwort vorlegen. „Wir haben nicht vor, atomare Waffen zu entwickeln“, betonte Ahmadinedschad. Sein Land habe stets Verhandlungen bevorzugt und versucht Spannungen zu vermeiden.
Auf die Frage, ob bei seinem Treffen mit Hu und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auch über mögliche Sanktionen gegen sein Land gesprochen worden sei, sagte Ahmadinedschad, das Wort Sanktionen sollte aus der politischen Sprache gestrichen werden. „Druck auf andere Staaten akzeptieren wir nicht. Deswegen sprechen wir niemals darüber.“ Über den Inhalt seiner Gespräche mit Hu und Putin wollte er keine Auskunft geben. Zu diesen Ländern pflege der Iran seit langem gute Beziehungen und da sei es nur natürlich, dass „alle Aspekte“ angesprochen würden, unter anderem auch der Streit über das iranische Atomprogramm.
Der Grund für die Reise Ahmadinedschads nach China war die Teilnahme an einem Gipfel der Schanghaier Kooperationsorganisation (SCO), der neben China und Russland die zentralasiatischen Staaten Kirgisien, Tadschikistan, Kasachstan und Usbekistan angehören. Iran war neben Indien, Afghanistan, Pakistan und der Mongolei als Beobachter zu dem Gipfel eingeladen.
Die Stellungnahme Ahmadinedschads wurde im Westen mit Wohlwollen registriert. Dennoch besteht ein erheblicher Zweifel darüber, ob Iran tatsächlich auf das Angebot eingehen und vor allem die darin enthaltene Forderung akzeptieren wird, auf die Urananreicherung im eigenen Land zu verzichten. Pessimisten vertreten die Ansicht, dass die positiven Signale aus Teheran eher der bekannten Verzögerungstaktik Irans zuzurechnen sind und dazu dienen, Zeit zu gewinnen, um die Differenzen zwischen China und Russland einerseits und den USA und der EU andererseits zu vertiefen und für sich auszunutzen.
Diese Skepsis teilt offenbar auch die US-Regierung. Stephen Hadley, nationaler Sicherheitsberater von US-Präsident George W. Bush, sagte vor der Presse in Washington: „Das Augenmerk liegt zum jetzigen Zeitpunkt natürlich darauf, zu versuchen, der iranischen Regierung einen positiven Weg aufzuzeigen.“ Es sei jedoch „klar“, dass es auch einen „anderen Weg“ gebe, der für die Führung in Teheran „Konsequenzen“ haben werde.
Grund für die Skepsis lieferten auch die Äußerungen des iranischen Revolutionsführers Ali Chamenei. Das geistliche Oberhaupt des Gottesstaates sagte am Donnerstag, Iran werde sich keinem Druck des Westens beugen. „Der wertvolle und ehrenhafte Beitrag der iranischen Jugend in der Nukleartechnologie ist ein historischer Schritt. Diese wissenschaftlichen Schritte sollten mit aller Kraft fortgesetzt werden.“
Indes drängt die EU Teheran zu einer raschen Entscheidung über das Angebot der fünf Veto-Mächte plus Deutschlands. „Der Europäische Rat fordert Iran nachdrücklich auf, bald eine positive Antwort auf diese weitreichende Initiative zu erteilen und die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen zu schaffen“, heißt es im Abschlussdokument des EU-Gipfels, der gestern zu Ende ging.
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