: Staat und Macht und Geld
RECHT Wann darf ein Eigentümer seine Immobilie räumen lassen? Und wann muss der Staat ihm helfen? Überlegungen zu Eigentum und Allgemeinwohl
FREIBURG taz | Ein Eigentümer kann gekündigte Mieter und Hausbesetzer nicht einfach so von der Polizei entfernen lassen. Er muss den Weg über die Gerichte gehen, die seinen Anspruch prüfen – und mögliche Gegenansprüche der Leute, die sich in der Immobilie aufhalten.
Erst wenn der Eigentümer einen gerichtlichen Räumungstitel in der Hand hat, kann er die Räumung auch tatsächlich durchsetzen. Zuständig ist dafür ein Gerichtsvollzieher, der bei Bedarf die Polizei um Unterstützung bitten kann.
Wenn Klausmartin Kretschmer, der Eigentümer der Roten Flora, darauf besteht und erfolgreich durch alle Instanzen zieht, muss die Polizei das Gebäude am Ende räumen. Ein Verzicht aus Rücksicht auf den Stadtfrieden und zur Vermeidung gewalttätiger Auseinandersetzungen ist nicht dauerhaft möglich.
Ein Polizeieinsatz muss jedoch stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Das heißt die Polizei darf nicht „mit Kanonen auf Spatzen schießen“. Das könnte dazu führen, dass in einer konkreten Situation ein Polizeieinsatz zur Räumung abgebrochen wird, um eine Straßenschlacht mit vielen Verletzten zu verhindern.
Im Einzelfall kann es auch zu einem „polizeilichen Notstand“ kommen. Die Polizei kann einen Räumungseinsatz mangels ausreichender eigener Kräfte verschieben, etwa weil zum geplanten Termin gleichzeitig noch ein Fußballspiel zu sichern ist.
Der Widerstand kann aber nur punktuell den Verzicht auf Räumung rechtfertigen. Grundsätzlich muss die Polizei beim nächsten Versuch mit ausreichenden Kräften und Ausrüstung vor Ort sein, um die Räumung durchsetzen zu können. Bei Bedarf können Einheiten der Bundespolizei oder aus anderen Bundesländern angefordert werden.
Dazu gibt es letztlich auch keine Alternative. Der Staat verlangt vom Eigentümer, dass er sein Recht nicht mit einer Privatmiliz durchsetzt, sondern das staatliche Gewaltmonopol akzeptiert. In der Folge muss der Staat dann das Recht aber auch tatsächlich durchsetzen.
Da das Eigentum ein schwaches Grundrecht ist, kann der Staat dem Eigentümer über Bebauungspläne und baurechtliche Veränderungssperren jedoch allerlei Beschränkungen auferlegen. Im Interesse des „Allgemeinwohls“ sind sogar Enteignungen möglich – wenn der Eigentümer sein Grundstück für ein Projekt von öffentlichem Interesse nicht freiwillig verkaufen will. Auch darüber könnte der Senat nachdenken.
CHRISTIAN RATH