LESERINNENBRIEFE
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Weinen oder sich empören?

■ betr.: „Hilfsbusiness in Palästina“, Beilage 3. Welt Saar, taz vom 20. 12. 13

Ich weiß nicht, ob ich über diese Politik der taz nun weinen oder mich empören soll. Diese Flugschrift kommt auf der ersten Seite so scheinheilig regierungskritisch mit dem Foto von Kanzlerin Merkel daher, wie sie Kindern in Afrika das Schreiben beibringt, und sie hinterfragt scheinbar so politisch korrekt und fortschrittlich Ziele und Methoden von Entwicklungshilfe, was ja absolut berechtigt ist. Aber der ganze Aufwand dient ausschließlich dem Ziel, um auf den folgenden drei Seiten zu einem Rundumschlag gegen alle NGOs und Initiativen auszuholen, die sich in Israel/Palästina zusammen mit der israelischen und palästinensischen Zivilgesellschaft, nicht mit Hamas oder der palästinensischen Autonomiebehörde, für die Menschen vor Ort und für ein Ende der israelischen Besatzung und einen gerechten Frieden für beide Seiten engagieren. Eine solche Flugschrift als Beilage zu Jungle World: geschenkt! Aber dass die taz einer derart polemischen Verunglimpfung von Amnesty International, IPPNW, Pax Christi und anderen NGOs ein Forum bietet, ist bodenlos.

INGRID RUMPF, Pfullingen

Hessen ist ein gutes Modell

■ betr.: „Farbenspiel mit Schwarz“, taz vom 21. 12. 13

Einige Kommentare auf der Leserbriefseite erwecken den Eindruck, Schwarz-Grün wäre die Wunschkonstellation gewesen.

Aber ist es nicht so, dass SPD und Linke zum wiederholten Male aufgrund unerklärlicher Befindlichkeiten und politischem Fundamentalismus es nicht geschafft haben, aus einer rechnerischen linken Mehrheit in eine Koalition der sozialen Gerechtigkeit zu bilden? Haben nicht beide Parteien auf Bundesebene erneut gezeigt, dass sie vor der Verantwortung versagen?

Die Stärke der CDU ist gespeist vor allem durch die Schwäche derjenigen, die sie regieren lassen, weil sie sich nicht einigen können. Dass sich Grüne aus dieser Erfahrung heraus nun neue Wege und Partner suchen, ist dabei nur logisch. Und dass man mit 11 Prozent keine 100 Prozent grüne Politik bekommt, auch.

Hessen ist ein gutes Modell, anhand dessen man lernen kann, ob diese neue Option trägt. SPD und Linke müssen sich endlich bewegen. Sonst stehen sie über kurz oder lang einem schwarz-grünen Block gegenüber – der zwar langsamer vorangeht, als es Rot-Rot-Grün könnte – aber immerhin vorankommt.

Gelingt Hessen, wird Schwarz-Grün im Bund möglich. Und als Baden-Württemberger kann ich sagen: die SPD ist kaum weniger konservativ als es die CDU ist. Ob am Ende das Schreckgespenst jetzt Sarrazin oder Steinbach heißt – austauschbar und irrelevant. JÖRG RUPP, Malsch

Mief deutscher Juristenlogik

■ betr.: „Menschenrechte sind nicht teilbar“, taz.de vom 22. 12. 13

Bevor man hier den Mief deutscher Juristenlogik aufbläst, stelle ich folgende Frage: Wieso unterhält Deutschland Beziehungen zu einem Staat, der die Menschenrechte nicht beachtet und großflächig gegen die deutschen Gesetze verstößt? Das ist bewiesen! Snowden ist der Aufklärer, der die Völker der Welt informiert hat. Täter waren und sind Regierungsbeamte der USA, die ganz bewusst auch gegen Gesetze ihres eigenen Landes verstoßen haben. Das wurde kürzlich sogar in den USA gerichtlich festgestellt. Insofern greifen all die blödsinnigen Floskeln nicht. Im Gegenteil, sie stellen den deutschen Rechtsstaat in Frage. Deutschland hätte noch viele andere Gründe das Auslieferungsabkommen im Fall Snowden auszusetzen. Und auch sonst: Das Todestrafenland USA kann Russland längst nicht mehr das Wasser der Menschenrechte reichen. Drohnenmord wird in der Zivilisation der USA vom Präsidenten höchstpersönlich befohlen. Wie im Kriegsfall ohne Kriegserklärung, werden die Betroffenen mit Frauen und Kindern auf ausländischen Boden exekutiert. Ohne Gerichtsverfahren, quasi als Killerdienstleistung für eigene Spitzel in der Region. Wahrlich, Frau Gaus hat Recht! Menschenrechte sind unteilbar. Auch wenn die, die sie am meisten brechen, gerade am lautesten schreien. BERND GOLDAMMER, taz.de

Pressehysterie

■ betr.: „Menschenrechte sind nicht teilbar“, taz.de vom 22. 12. 13

Der Vergleich zwischen Chodorkowski und Snowden ist eine Beleidigung für Snowden. Snowden hat sich nicht selbst bereichert. Er hat keine Regierungen geschmiert. Unbestritten ist, dass die Verurteilung Chodorkowskis selektive Justiz war, aber macht ihn das zum Vorkämpfer für Freiheit und Menschenrechte? Fällt es eigentlich irgendjemandem auf, dass in der Pressehysterie diejenigen völlig untergehen, die unter erheblichem persönlichem Risiko der Ölindustrie die Stirn geboten haben, die Arctic 30?

JOHANNES ROHR, taz.de

Verschiedene Fälle

■ betr.: „Menschenrechte sind nicht teilbar“, taz.de vom 22. 12. 13

Auch wenn ich grundsätzlich dafür bin Snowden Asyl anzubieten: Die Autorin hat hier den eklatanten Unterschied zwischen beiden Fällen nicht erkannt (oder, wahrscheinlicher, bewusst ignoriert): Snowden wird in einem anderen Land, mit dem ein Auslieferungsabkommen geschlossen wurde, strafrechtlich verfolgt. Das ist bei Chodorkowski nicht der Fall. Auch wenn ich trotzdem denke man müsste Mittel und Wege finden, Snowden ein Bleiberecht in Deutschland zu verschaffen: Beide Fälle liegen grundsätzlich verschieden. HALLO, taz.de