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Archiv-Artikel

Kunstrundgang Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Paola Salerno: bis 8. Juli, Di–Sa 12–19 Uhr, play_gallery for still and motion pics., Hannoversche Str. 1

Am Rande des Potsdamer Platzes ist seit einigen Nächten eine Lichtsäule zu sehen. Kein rotierender Laser, wie er gerne auf Dächern von Großraumdiscotheken zum Einsatz kommt, sondern der breite Strahl eines Hochleistungsscheinwerfers, so wie man ihn mit den Lichtinszenierung der Nationalsozialisten in Verbindung bringt. Dafür verantwortlich ist Michael Sailstorfer, der einst aus einer Polizistenwanne ein Schlagzeug baute, ein Mann mit Humor also. So rückt Sailstorfer für die „unendliche Säule“ im Gegensatz zu Albert Speer auch nicht das Licht, sondern dessen Ursprung in den Mittelpunkt, indem er den Scheinwerfer inmitten des Galerieraums präsentiert. „Bitte nicht ins Licht schauen!“, sagen Warnhinweise. Licht kann eben gefährlich werden, auch wenn es Dinge in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Ohne gesetztes Licht scheint dagegen die Brasilianerin Paola Salerno zu arbeiten. In ihren dokumentarischen Video- und Fotoarbeiten lässt sie etwa Jugendliche aus dem Off über die Entwicklung alltäglicher Gewalt sprechen. „O Lugar Fala Por Eli“ ist eine Doppelprojektion, bei der der Still einer reliefartigen Anordnung von Totenbildern bewegten Einstellungen von einem der größten Friedhöfe Brasiliens gegenübersteht. Überhaupt setzt Paola Salerno stets die Menschen und das gesellschaftliche System, in dem sie agieren, in Szene. In „Sonho Braslieiro“ erörtert ein Anthropologe das System des DASLU, dem teuersten Modegeschäft São Paulos, der Inbegriff der High Society Brasiliens. Hier setzt Salerno auch ganz offensichtlich Licht ein, sodass der Referent von dem schwarzen Hintergrund nahezu verschlungen wird. Als stumme und unsichtbare Beisitzerin erscheint Salerno dann wieder bei einem Gespräch von Frauen, die in einer Gated Community leben. Doch: Niemand scheint in diesem Paradies glücklich zu sein.

Michael Sailstorfer: bis 15. Juli, Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Johann König, Dessauer Str. 6