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Archiv-Artikel

Ein Programm mit Perspektive

KONTINGENT Nach der guten Bilanz wollen alle ein festes Flüchtlingsprogramm – außer dem Innenminister

Aus dem Irak geflohen

Das Programm: Im November 2008 sagte Deutschland zu, 2.500 irakische Flüchtlinge aus Syrien und Jordanien dauerhaft aufzunehmen, EU-weit sollen es 10.000 sein. Während Deutschland die Zusage erfüllt hat, ist das bei anderen Ländern nicht der Fall. Insgesamt sind nach Schätzungen 4,5 Millionen Iraker auf der Flucht, 2,5 Millionen haben das Land verlassen.

Die Asylanträge: Zudem haben in den ersten fünf Monaten dieses Jahres über 2.300 Iraker in Deutschland Asyl beantragt. Die Gesamtschutzquote liegt derzeit bei 51 Prozent.

Die Widerrufe: Von Januar bis Mai hat das Bundesamt in über 5.100 Fällen den Schutzstatus von Flüchtlingen aus dem Irak überprüft, fast 1.400 von ihnen wurde der Status entzogen. Zudem kommt es immer wieder zu Abschiebungen. Das Bundesverfassungsgericht prüft derzeit, ob Abschiebungen nach Griechenland nach dem sogenannten Dublin-II-Verfahren zulässig sind. (sam)

BERLIN taz | Die Einschätzung fällt ungewöhnlich einhellig aus. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), Flüchtlingsorganisationen, Kirchen und Opposition sprechen von einer „weitgehend gelungenen Aktion“. Gemeint ist die Aufnahme von 2.500 irakischen Flüchtlingen, die Deutschland im Rahmen eines EU-Programms aufgenommen hat und dauerhaft ansiedeln will.

Die weitaus meisten der Flüchtlinge, die zwischen März 2009 und April 2010 eingereist sind, sind Christen, andere religiöse Minderheiten wie Mandäer und Yeziden sind aber ebenso darunter.

„Bei der sozialen Ausgestaltung gibt es Verbesserungsbedarf“, sagt Karl Kopp, Referent der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. So müssten die Flüchtlinge zum Teil lange auf ihre Integrationskurse warten, auch die Verteilung sei mitunter problematisch. Einige Traumatisierte seien zum Beispiel auf dem Land untergebracht, wo es keine angemessene psychosoziale Betreuung gebe. „Insgesamt ist es aber ein sinnvoller Schritt“, so Kopp.

Nicht ganz so einhellig fällt die Einschätzung aus, welche Konsequenzen Deutschland aus der Aufnahme der Iraker ziehen soll. Opposition, Kirchen, Flüchtlingsorganisationen und auch die FDP fordern eine Verstetigung des Programms. Die Bundesregierung solle ein Resettlementprogramm einführen, also jährlich eine bestimmte Anzahl Flüchtlinge zusätzlich zum Asylverfahren aufnehmen und dauerhaft ansiedeln, sagt Rüdiger Veit, der migrationspolitische Sprecher der SPD, der taz. Eine Aufnahme von jährlich 10.000 Flüchtlingen sei möglich. Ähnlich äußern sich seine KollegInnen von Grünen und Linken, Josef Winkler und Ulla Jepke, allerdings ohne konkrete Zahlen zu nennen. Auch Kirchen und Flüchtlingsorganisationen fordern seit Langem die Einführung eines Neuansiedlungsprogramms, wie es das in anderen europäischen Ländern bereits gibt. Auch die FDP ist für ein solches Programm, allerdings als gemeinsame EU-Maßnahme. „Ich unterstütze die Bestrebungen, ein europäisches Neuansiedlungsprogramm für Flüchtlinge zu etablieren“, sagt der migrationspolitische Sprecher der FDP, Serkan Tören, der taz.

Das Europaparlament hat sich im vergangenen Monat für ein solches Programm ausgesprochen. „Die EU-Länder brauchen ein effizientes gemeinsames Umsiedlungsprogramm“, sagte der Berichterstatter Georgios Papanikolaou nach der Abstimmung im Parlament. Das Europaparlament unterstützte damit einen Vorschlag der EU-Kommission, der unter anderem finanzielle Anreize für aufnahmewillige Länder angeregt hat.

Allerdings sieht es nicht so aus, als würde sich Bundesinnenminister de Maizière dafür einsetzen. „Deutschland hat kein Neuansiedlungsprogramm, und derzeit ist nicht beabsichtigt, daran etwas zu ändern“, sagte ein Sprecher des Ministers der taz. Die Aufnahme solle weiterhin „situations- und anlassbezogen“ erfolgen, wie derzeit die von 100 Flüchtlingen aus Drittstaaten, die über Malta kamen, und 50 iranischen Flüchtlingen über die Türkei. SABINE AM ORDE