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Archiv-Artikel

Schmidt dreht an teuren Schräubchen

BERLIN taz ■ „Es wird teuer werden“, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern im Bundestag gesagt. Bei der Generaldebatte ging es um den Bundeshaushalt, aber Merkel bezog sich auf die medizinische Grundversorgung: Künftig müsse jeder Bürger mehr ausgeben. „Es kommt darauf an, dass jeder auch weiterhin die medizinisch notwendige Behandlung erhält.“

Noch sind in der Debatte um die Gesundheitsreform zwar viele Einzelheiten unklar, doch langsam wird deutlich, wie das Kassensystem künftig aussehen könnte. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, sieht ein Konzept des Bundesgesundheitsministeriums vor, die Einkommensgrenzen bei der Krankenversicherung deutlich anzuheben. Dazu soll die Beitragsbemessungsgrenze von 3.562 Euro, bis zu der prozentuale Beiträge fällig sind, kräftig angehoben werden. Sie soll auf das heutige Niveau der Rentenversicherung steigen, also auf 5.250 Euro in den alten und 4.400 Euro in den neuen Ländern. Künftig werden auch Miet- und Zinseinkommen in die Beitragsberechnung einbezogen.

Das Konzept sieht außerdem vor, dass Firmen für jeden Angestellten, egal ob privat oder gesetzlich versichert, den Arbeitgeberbeitrag abführen. Ein Wechsel zwischen privaten und gesetzlichen Kassen soll möglich werden, zudem sollen Privatversicherungen in den geplanten Gesundheitsfonds einzahlen.

Reicht das Geld einer Krankenkasse aus dem Fonds nicht, sieht das Papier neben einer Zusatzprämie zu Lasten der Versicherten noch andere Möglichkeiten vor. So könnten sie sich in Versorgungsmodelle einschreiben und dürften dann nur bestimmte Ärzte und Kliniken aufsuchen.

Die Ausstattung des Fonds soll so bemessen sein, dass er die heutigen Kassenausgaben von 145 Milliarden Euro abdeckt, aber auch Reserven enthält, da die Einnahmen und Ausgaben schwanken können. Wollen die Kassen mehr Geld aus dem Fonds, müssen sie zunächst ihr Kostenmanagement verbessern. Falls dies nicht ausreicht und die Kassen deshalb die kleinen Pauschalen stark anheben müssten, sollen die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wachsen. Der Anteil der Pauschalen am Gesundheitsfonds soll aber eine politisch gesetzte Grenze nicht übersteigen.

Das Gesundheitsministerium bestätigte gestern die Pläne. Das Papier soll nach Angaben der SZ als Basis für die kommenden Gespräche dienen. Die SPD-Spitze hat sich allerdings schon mehrfach gegen einzelne Punkte des Schmidt-Konzepts ausgesprochen. Laut einem Bericht der Zeit plant die SPD zudem einen Steuerzuschuss von 30 bis 45 Milliarden Euro für das Gesundheitssystem. Parteichef Kurt Beck wolle damit eine Senkung der Kassenbeiträge um 3 Prozentpunkte erreichen. Die nötigen Einnahmen sollten durch höhere Einkommen- oder Verbrauchsteuern finanziert werden.

PHILIPP DUDEK