Drei weiße Ritter

LE MONDE Die Beschäftigten der Zeitung haben sich klar für das Investorentrio Pierre Bergé, Xavier Niel und Matthieu Pigasse ausgesprochen – trotz Sarkozys Einmischung

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Mit einer klaren Mehrheit von 90 Prozent der Stimmen haben sich die Beschäftigten der französischen Tageszeitung Le Monde am Freitag für das Angebot des Trios Pierre Bergé, Xavier Niel und Matthieu Pigasse ausgesprochen. Da die „Société des Rédacteurs du Monde“ (SRM) mit dem übrigen Personal der Pressegruppe und befreundeten Partnern über eine Mehrheit der Stimmrechte in der Aktionärsversammlung verfügt, sind damit die Würfel über die Zukunft der Zeitung gefallen. Heute entscheidet der Aufsichtsrat, der mit größter Wahrscheinlichkeit die Meinung der SRM übernimmt.

Zum letzten Mal haben die Zeitungsmacher selber entschieden. Künftig haben externe Aktionäre das Sagen. Das ist für die meisten Redaktionen bereits der Normalfall, die französischen Medien gehören oft großen Industriekonzernen oder -familien, für Le Monde aber beginnt damit eine neue Welt.

Die drei „weißen Ritter“ versprechen Hoffnung und Geld. Nicht umsonst werden Bergé, Niel und Pigasse intern bereits mit der Abkürzung „BNP“ genannt, die in Frankreich sonst für eine Bank (Banque Nationale de Paris) steht. 110 Millionen Euro will der flotte Dreier der finanzkräftigen Retter hinlegen. Alle drei bezeichnen sich als Mäzene, denen an der Zukunft einer freien Presse so viel liegt, dass sie gern ein paar Millionen in diese Unabhängigkeit investieren wollen.

Rechnen kann Matthieu Pigasse, er ist ein international bekannter einflussreicher Bankier bei Lazard. Er organisiert für die großen Industriegruppen Fusionen und Übernahmen, dient aber auch Evo Morales in Bolivien bei der Nationalisierung der Gasindustrie als Berater. 2006 hatte ihm Le Monde ein Porträt gewidmet mit dem schmeichelhaften Titel „Der Bankier, um den sich alle reißen“. Das gilt nicht zuletzt für die Presse: Pigasse hat die Rettung von Libération durch Edouard de Rothschild eingefädelt, kürzlich hat er sich das Kulturmagazin Les Inrockuptibles angeschafft. Politisch gilt er als Sympathisant des Sozialdemokraten und IWF-Chefs.

Als Sponsor der Linken, insbesondere von Ségolène Royal, ist der frühere Boss von L’Oréal und Exlebensgefährte von Yves Saint-Laurent, Pierre Bergé, bekannt. Dass der Dritte im Bunde, Xavier Niel, nicht nur wegen seines steilen Aufstiegs als Gründer des Internet- und Telefonunternehmens Iliad-Free Schlagzeilen gemacht hat, sondern auch wegen Investitionen in Sexshops, macht ihn in den Augen von Staatschef Nicolas Sarkozy zu einem moralischen Risiko.

Dass Sarkozy die „BNP“-Pläne durchkreuzen wollte, indem er den Le-Monde-Direktor ins Elysée bestellte, um ihm die Konkurrenzofferte des Nouvel Observateur und des Konzerns France Télécom schmackhaft zu machen, hat sich prompt als kontraproduktiv erwiesen: Wer von einem Präsidenten, der für seine Interventionen in den Medien berüchtigt ist, als Feind betrachtet wird, muss zwangsläufig ein Freund der freien Presse sein, und umgekehrt. Sarkozys Intrige schadete der Kandidatur von Claude Perdriel (Nouvel Observateur), der fast ebenso viel Geld in Aussicht gestellt hatte.