: Sparen kommt Land teuer
Stelleneinsparungen und Verwaltungsmodernisierung sollten Markenzeichen von Schwarz-Gelb werden. Doch im NRW-Etat 2007 steigen die Personalausgaben und der Stellenabbau stockt
VON KLAUS JANSENUND MARTIN TEIGELER
Den Kampf um den Haushalt 2007 begann NRW-Finanzminister Helmut Linssen mit einer klaren Ansage: „Im kommenden Jahr geht es vor allem um Strukturveränderungen und Personalabbau“, sagte der Christdemokrat unlängst im taz-Interview. Seit einigen Tagen liegt Linssens Etatentwurf vor, doch der Kurs der Landesregierung ist unklar. Zwar sollen 3.200 Stellen im NRW-Staatsdienst wegfallen. Insgesamt aber steigen die Personalausgaben sogar um 1,2 Prozent, weil 1.000 neue Lehrer eingestellt werden sollen. Schwarz-Gelb kommt mit dem Stellenabbau nicht voran.
Ein zentraler Punkt in Linssens Paket soll die Auflösung der elf Versorgungsämter des Landes sein, die unter anderem für die Zahlung des Elterngeldes, der Behindertenunterstützung und das Auskommen der über 90.000 Witwen, Waisen und Kriegsgeschädigten verantwortlich sind. Die Landesregierung möchte diese Aufgabe den Kommunen übertragen – und die meisten der 2.000 Landesbediensteten los werden. Ein Teil der Beschäftigten soll von den Städten übernommen werden, andere sollen bei den Bezirksregierungen und der NRW-Bank untergebracht werden. Bis zu 1.500 Beschäftigten könnte jedoch der Übergang in eine Beschäftigungsgesellschaft drohen – und damit mittelfristig die Arbeitslosigkeit. „Das ist für die Beschäftigten eine enorme psychische Belastung“, sagt Gregor Falkenhain von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Mit der Landesregierung wolle man eine „sozialverträgliche“ Lösung für alle Landesbediensteten verhandeln.
Experten rechnen mit einer Einsparsumme von 80 Millionen Euro. Beschäftigte in der Versorgungsverwaltung sehen das anders: „Der Effekt ist gleich Null“, sagt ein Beschäftigter. „Die Regierung zerschlägt eine der effizientesten Behörden Deutschlands.“ So werde etwa in der Versorgungsverwaltung – im Gegensatz zu anderen Behörden – mit modernen papierlosen Akten gearbeitet.
Selbst wenn gespart werden kann ist unsicher, ob das Geld tatsächlich dem Landeshaushalt zugute kommt. Die Kommunen wehren sich gegen finanzielle Belastungen. „Grundsätzlich sind wir offen für die Verlagerung von Aufgaben, aber die Konnexität muss beibehalten werden“, sagt Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund NRW. Will heißen: Das Land darf zwar Personal verschieben, nicht aber den Kommunen die Bezahlung aufdrücken. Hinzu kommt, dass die Städte auch an Einsparungen beteiligt werden wollen: „Wenn es einen Effizienzgewinn gibt, muss er hälftig aufgeteilt werden“, sagt Lehrer.
Das Land sieht das allerdings völlig anders. „Die Personalkosten der Beschäftigten, die in den kommunalen Bereich wechseln, werden von der kommunalen Familie getragen“, sagt ein Sprecher des NRW-Sozialministeriums. Gegebenenfalls würden sie „im Rahmen des Konnexitätsprinzips“ vom Land erstattet. „Ein auf Dauer gerichteter Einspareffekt wird mittelfristig eintreten“, so der Sprecher gestern zur taz. Nach dem Grundsatz „Personen folgen den Aufgaben“ sollen die Beschäftigten der Versorgungsverwaltung in den kommunalen Bereich überführt werden. „Für die Beschäftigten, die nicht den Aufgaben folgen, wird eine sozialverträgliche Weiterverwendung im Landesdienst angestrebt.“ Nach taz-Informationen soll Mitte Juli ein Arbeitstreffen zwischen den zuständigen Ministerien Finanzen, Innen und Soziales stattfinden, um den geplanten Stellenabbau zu besprechen.
Ohne eine Lösung bei den Versorgungsämtern könnte es der Landesregierung schwer fallen, ihre kurzfristigen Einsparziele zu erreichen. Finanzminister Linssen baute bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs 2007 schon einmal vor: Bei den Personalkosten könne eine „innere Dynamik“ entstehen, räumte er ein.