: Luxusproblem sorgt für Leben
Vier Tage vor dem Viertelfinale diskutiert Argentinien, welche von vier Stürmern gegen Deutschland stürmen sollen
HERZOGENAURACH taz ■ Der Countdown läuft. In Argentinien bereiten Tageszeitungen, Internetportale, Radio und Fernsehen ihre Konsumenten auf das große Viertelfinale am Freitag vor. Namen werden genannt, die bislang kaum einer kannte in Lateinamerika. Über die deutsche Verteidigung wird viel berichtet.
Die argentinischen Stars werden gefragt, was sie von deutschen Spielern halten. Besonders gut kommt dabei derzeit Philipp Lahm weg, der von Juan Sorin, dem argentinischen Kapitän, zum „besten Linksverteidiger des Turniers“ ernannt wurde. Es wird aber auch über die deutsche Innenverteidigung gesprochen, über Per Mertsesacker und Christoph Metzelder. Sie gelten immer noch als Schwachpunkte. Sie müsse man, da sie immer versuchten auf gleicher Höhe zu spielen, so rät es die argentinische Tageszeitung La Nación dem Trainer der Auswahl, José Pekerman, mit vertikalen Pässen überwinden.
Pekerman und die Meinungsmacher in den Medien fordern einen stärkeren Juan Riquelme, der sich gegen Mexiko doch allzu sehr hat zurückdrängen lassen. Doch grundsätzliche Debatten über Riquelmes Status gibt es noch nicht. Auf wen er jedoch seine Pässe schlagen soll, das ist alles andere als klar. Denn Argentinien hat ein Luxusproblem: vier Stürmer von Weltklasse. Wer soll die steilen Anspiele im Rücken der deutschen Innenverteidigung verwerten? Hernan Crespo gilt als antrittsschnell und ist, wenn er im Strafraum an den Ball kommt, immer versucht, schnell zum Abschluss zu kommen. Er hat bereits drei Treffer bei dieser WM erzielt. Crespos Platz in der ersten Elf gilt daher als gesichert. Fraglich ist jedoch, ob er in der Startformation wieder zusammen mit Javier Saviola stürmen wird. Der hatte das Turnier zwar sehr stark begonnen, konnte sich jedoch als derjenige, der für das Ballhalten im Sturm zuständig ist, gegen Mexiko eigentlich nie wirklich in Szene setzen. Für ihn könnte einer der beiden Reservestars im Team von Anfang an zum Zug kommen. Carlos Tevez und vor allem Lionel Messi sind die wohl populärsten Ergänzungsspieler dieser Weltmeisterschaft.
Für Tevez, der beinahe immer das Dribbling ganz nah am Mann sucht, stehen die Chancen für einen Platz in der Startelf nicht ganz so günstig. Er ist einer, der besonders dann stark ist, wenn er von der Seite in den Strafraum eindringt. Das schnelle Verwerten steiler Anspiele ins Sturmzentrum ist seine Sache nicht. Es könnte also Zeit sein für den von den Medien in Argentinien so herbeigesehnten ersten ganz großen Auftritt des seit Samstag 19-jährigen Wunderkindes Lionel Messi bei dieser Weltmeisterschaft. Der hat nach seiner Einwechslung gegen Mexiko zumindest dafür gesorgt, dass die Offensive der Argentinier ein wenig lebendiger wurde. Er könnte für das Überraschungsmoment im Spiel sorgen.
Trainer José Pekerman äußert sich gewohnt zurückhaltend in der Causa Messi. Für ihn liegt der Schlüssel zum Erfolg gegen Deutschland im Mittelfeld. „Ballsicherung“ und „Balleroberung“, das seien die beiden Bereiche, in denen sich seine Mannschaft vor allem steigern müsse. In der Stürmerfrage will er sich noch nicht festlegen, und – wie gehabt – schon gar nicht von den Medien festlegen lassen.
ANDREAS RÜTTENAUER