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Archiv-Artikel

Pfui, Spaßbremsenfußball!

Und wieder ein glanzloses Achtelfinale: Gegen uneffektiv spielende Ghanaer gewinnt Brasilien locker und lässig mit 3:0

aus DORTMUND DANIEL THEWELEIT

Ghana ist in die Falle getappt. In seine eigene Abseitsfalle. Alle Tore zur 0:3-Niederlage der Afrikaner entwickelten sich aus amateurhaften Fehlern von Ghanas Viererkette, und die 200 Millionen mitfiebernden Brasilianer können nach diesem Sieg erstmal kräftig durchatmen. Denn sie hatten richtig viel Glück, dass sie an diesem Tag auf einen Gegner getroffen waren, den die Ehrfurcht vor der brasilianischen Größe fast lähmte, und auf Schiedrichter, die stets für den Weltmeister winkten, wenn es knapp wurde. Brasilien spielte nämlich erschreckend statisch. Zé Roberto forderte seinen Torhüter Dida mehrfach zu langen Abschlägen auf, es war, als spielte diese Mannschaft bei 35 Grad, unerträglicher Luftfeuchtigkeit und auf 3000 Metern Höhe, in einem Freundschaftsspiel, auf das niemand so richtig Lust hatte.

Als die blau-gelben Helden, deren Glanz in dieser Partie verblasste wie wohl noch nie zuvor, nach der Pause auf den Platz zurückkehrten, wurden sie von einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert begrüßt. Diese Mannschaft mit ihrem Mythos und den fantastischen Einzelkönnern schien einer Weltmeisterschaft nicht würdig, und alle, die erwartet hatten, dass der mächtige Weltmeisterzug endlich in Gang kommt, wurden schwer enttäuscht. Die Selecão lebt bei dieser Weltmeisterschaft von den Heldentaten der Vergangenheit.

Gleich mehrere Rekorde stellten sie in der Partie gegen Ghana auf: Ronaldo erzielte sein 15. WM-Tor, Cafu wurde Welt-Rekordspieler. Der behäbige Außenverteidiger blickt nun auf eine Karriere mit 19 WM-Partien zurück, nur Carlos Dunga und Taffarel (je 18) hatten zuvor so oft gespielt. Und mit nunmehr 16 WM-Siegen nahm er gleich noch eine weitere Welt-Bestmarke mit. Doch all dies beruht auf dem Glanz vergangener Tage. Selbst Spieler wie Ronaldinho und Kaka, die großartige Jahre in ihren Klubs gespielt haben, wirken in diesem Ensemble irgendwie uninspiriert. Gewiss, es gibt mal einen hübschen Pass von Roberto Carlos, einen netten Trick von Ronaldinho, doch eine mannschaftliche Dynamik hat dieses Team bislang nur eine einziges mal entwickelt: beim 4:1 gegen die Japaner.

Man kann nun einwerfen, dass die beiden am heftigsten Kritisierten, Ronaldo und Adriano, zwei der drei Tore machten (5., 45.), vielleicht zeigten sie sogar weiterhin aufsteigende Form, aber sie sind Teil einer Mannschaft, die dieser Weltmeisterschaft noch nicht geschenkt hat, was der Globus von ihr erwartet. Es war tatsächlich eine historische Chance, die der afrikanische WM-Neuling da vergeben hat, doch sie machten ihre Tore nicht. Die beste Möglichkeit hatte John Mensah, als er nach einer Ecke aus kurzer Distanz nur den Fuß von Torhüter Dida traf (42.). Einmal kam Asamoah Gyan frei zum Schuss, doch der Torhüter hielt (69.). Und mehrfach zeigten sie, dass man die Abwehr um Lucio und Juan mit zwei, drei schnellen Pässen entblößen kann. Doch immer fehlte es an der letzten Präzision, am Glauben, an das was alle sahen: dass Brasilien schlagbar ist. Zehn Minuten vor dem Ende flog auch noch Asamoah Gyan wegen einer vollkommen unnötigen Schwalbe vom Platz, kurz darauf gelang Zé Roberto das 3:0 und das nächste unwürdige WM-Achtelfinale war vollendet.

Besonders traurig muss der gesperrte Michael Essien im Angesicht dieser Wahrheit gewesen sein, der Einsatz des gesperrten Spielers der Afrikaner hätte an diesem Tag vielleicht schon ausgereicht, um die ganz große Sensation zu schaffen. Der Titelverteidiger war überreif wie eine Frucht am Rande des Gährungsprozesses, nur die Ghanaer besaßen nicht die Größe, sich dieses schöne Stück zu pflücken.

Brasilien: 1 Dida – 2 Cafú, 3 Lucio, 4 Juan, 6 Roberto Carlos – 8 Kaká (83. Ricardinho), 5 Emerson (46. Gilberto Silva), 11 Zé Roberto, 10 Ronaldinho – 9 Ronaldo, 7 Adriano (61. Juninho)Ghana: 22 Kingston – 15 Pantsil, 5 Mensah, 7 Shilla, 6 Pappoe – 18 Eric Addo (60. Boateng), 10 Appiah, 11 Muntari, 23 Draman – 14 Amoah (70. Tachie-Mensah), 3 Gyan Schiedsrichter: Michel (Slowakei)Zuschauer: 65.000 Zuschauer (ausverkauft)Tore: 1:0 Ronaldo (5.), 2:0 Adriano (45.), 3:0 Zé Roberto (84.)Gelbe Karten: Adriano / Appiah, Muntari, Pantsil, E.Addo, Juan, GyanGelb-Rote Karte: Gyan (81.)