BARBARA DRIBBUSCH ÜBER DIE BEITRAGSERHÖHUNG DER KRANKENKASSEN
: Altes Paar Schuhe

Wer höhere Beiträge zahlt, erwartet bessere Leistungen

Man braucht als Versicherte starke Nerven, um der Debatte um die Gesundheitskosten folgen und etwa das Wort „Kopfpauschale“ überhaupt noch ohne Brechreiz hören zu können. Nun schält sich eine Lösung heraus, die so wirkt wie der Witz vom Schuhkäufer im Laden. Der probiert acht Paar Schuhe an und entdeckt erst am Ende ein Paar, das gut passt - es sind seine alten Treter. Der Beitragssatz zu den gesetzlichen Krankenkassen soll um 0,6 Prozentpunkte steigen. Da war er schon mal, zur Zeit der Einführung des Gesundheitsfonds, bevor die Politik den Beitragssatz im Rahmen eines Konjunkturpaketes senkte.

Nun kann man nachvollziehen, dass in einer alternden Gesellschaft mehr Geld für den Erhalt des Körpers aufgewendet werden muss - logisch. Viele gesetzlich Versicherte wären daher vielleicht sogar mit der 15,5 Prozent-Lösung einverstanden, die bedeutet, dass der Arbeitnehmerbeitrag bei 8,2 Prozent liegt. Doch auch Zusatzbeiträge, höhere Zusatzbeiträge, sollen kommen. Und da stellt sich schon die Frage, ob man an einem fairen Solidarmodell partizipiert.

Die unguten Gefühle stellen sich ein, wenn man 8,2 Prozent plus Zusatzbeitrag plus Praxisgebühr an die gesetzliche Krankenkasse zahlt und dafür am Ende doch keine bessere Leistung bekommt. Sondern weiterhin das Gefühl haben muss, bei Terminvergabe und Behandlung ein Patient zweiter Klasse zu sein, während die Privatversicherten privilegiert bleiben. Das sind sie auch deswegen, weil ihre Kassen aufgrund der günstigeren Mitgliederstruktur anders kalkulieren können.

Der politische Druck, einen Solidarausgleich zu schaffen zwischen den gesetzlichen und den Privatkassen wird also steigen - auch mit dieser Beitragserhöhung. Das ist ein interessanter Nebeneffekt. Der schwarz-gelben Koalition wird er nicht recht sein.

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