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Archiv-Artikel

Bälle? Nein, bloß Eier, Eier, Eier

Vor dem Spiel gegen Deutschland sorgt sich Argentinien angesichts der Vergangenheit nur um den Schiedsrichter

HERZOGENAURACH taz ■ Der Tag vor der Abreise der Argentinier aus ihrem Trainingsquartier in Herzogenaurach in Richtung Berlin stand ganz im Zeichen der jungen Reservestars. Nachwuchs-Werbeikone Lionel Messi und Offensiv-Kampfschwein Carlos Tevez wurden der Presse vorgeführt. Viel konnten oder wollten sie nicht sagen. Noch hat der Trainer nicht verkündet, ob einer der beiden spielen wird. Das Thema ist seit Tagen eh meist ein anderes: Die jungen Männer sollen über früher reden, über eine WM vor ihrer Zeit.

Denn bei argentinischen Journalisten geht die Angst um. Eigentlich halten sie die Nationalmannschaft ihres Landes für weltmeisterreif. Doch sie haben Angst vor falschen Schiedsrichterentscheidungen. Sie befürchten, dass sich Lubos Michel, der das Spiel heute leiten wird, vom Publikum beeinflussen lassen könnte. Schon die ganze Woche über werden Fragen nach den Referees gestellt, immer wieder weichen Trainer José Pekerman und seine Spieler aus. Doch auch sie wissen, warum die Journalisten nicht müde werden, nach dem Unparteiischen fragen. Denn in Argentinien ist man sich sicher, dass das WM-Finale 1990 nur verloren ging, weil Deutschland einen unberechtigten Elfmeter zugesprochen bekam und Carlos Monzon wegen eines Tacklings, nach dem Jürgen Klinsmann spektakulär durch die Luft segelte, zu Unrecht des Feldes verwiesen wurde.

Viele argentinische Journalisten würden gerne die Geschichte der gerechten Rache für eine unberechtigte Niederlage schreiben. Dabei scheint der Respekt der Argentinier vor möglicherweise falschen Entscheidungen der Schiedsrichter größer zu sein als der vor der deutschen Mannschaft. Immer noch gilt die Abwehr der Deutschen als Achillesverse. Auch das 4-4-2-System der Deutschen jagt den Argentiniern alles andere als Furcht und Schrecken ein. Die Deutschen seien wenig variabel, hat Verteidiger Lionel Scaloni festgestellt: „Sie sind wesentlich leichter auszurechnen als die Mexikaner.“

Aber es werden auch Komplimente an die Deutschen verteilt. Die seien neben Brasilien und eben Argentinien die größten Favoriten auf den Titel, sagt Maxi Rodriguez, der Schütze des entscheidenden Treffers zum 2:1 im Achtelfinale gegen Mexiko. Er rechnet mit einem interessanten Spiel. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Deutschen vor eigenem Publikum hinten reinstellen werden“, sagte er.

Auch die Jungstars Messi und Tevez haben sich Gedanken gemacht über die richtige Strategie gegen Deutschland. Tevez, der aggressive Dribbler, rät: „Kämpfen!“ und sagt, was die Argentinier zeigen müssen: „Eier, Eier, Eier!“

Lionel Messi vertraut auf das, was Argentinien bislang so stark hat aussehen lassen, das ruhige Kombinationsspiel. Über die Vergangenheit haben sie aber allesamt wenig zu sagen. Sie waren kleine Kinder, als Argentinien das letzte Mal in einem Endspiel stand. ANDREAS RÜTTENAUER