Howie, die Hoffnung

BUNDESLIGA Der Tabellenletzte Eintracht Braunschweig will mit seinem zweitklassigen Kader erstklassig spielen und setzt im Kampf um den Klassenerhalt auf den neu verpflichteten Stürmer Havard Nielsen

AUS ALGECIRAS FRANK HELLMANN

Würde irgendwann mal wieder ein Darsteller für eine Wikinger-Figur gesucht, „Howie“ hätte gewiss gute Chancen. Der breitschultrige Mann mit der drahtigen Figur und dem nach hinten gestrichenen blonden Haar heißt eigentlich Havard Nielsen und ist in erster Linie Fußballspieler, aber die Tapferkeit und das Draufgängertum für diesen Part bringt der Profi allemal mit. Am Mittwochabend stand der Norweger im Kabinengang des Estadio Algeciras und grinste. „Es war richtig viel Spaß dabei“, sagte Nielsen, der Siegtorschütze für Eintracht Braunschweig, „so etwas fühlt sich gut an.“

Erst vor wenigen Tagen ist Nielsen aus seinem Reservistendasein beim österreichischen Klub Limo Salzburg befreit worden, ins Trainingslager an die spanische Südküste gejettet und hat dann gleich für den ersten Testspielsieg (1:0 gegen Heracles Almelo) gesorgt. „Ein kommunikativer Junge“, lobte Trainer Torsten Lieberknecht, „ein Typ, der immer brennt.“ Solche Charaktere sind beim Tabellenletzten herzlich willkommen, der das letzte Aufbäumen mit leicht modifiziertem, aber nicht rundherum verändertem Personal angehen will. „Wir bleiben unserer Linie treu“, versichert Manager Marc Arnold, „wir riskieren bestimmt nicht die Existenz dieses Vereins, nur um mit irgendwelchen Harakiri-Aktionen die Klasse zu halten.“ Braunschweig möchte beweisen, dass ein eigentlich zweitklassiger Kader unter bestimmten Bedingungen vielleicht erstklassig bleiben kann. Und wenn das Bundesliga-Abenteuer doch so ausgeht wie allseits erwartet, bleiben bei den Fans nette Erinnerungen und beim Verein nachhaltige Investitionen in die Geschäftsstelle, das Nachwuchsleistungszentrum oder die Rasenheizung auf dem Trainingsplatz.

Mit dem bis Sommer 2015 ausgeliehenen Nielsen, der sich in einem 4-4-2-System prächtig mit Stürmerkollege Domi Kumbela verstand, scheint einer gefunden, der in jeder Spielklasse zu den Löwen passt. „Mein Vorname ist schwierig auszusprechen“, klärte der 1,87-Meter-Angreifer auf, „ich habe den Kollegen gesagt, sie sollen einfach Howie sagen.“

Nicht nur mit dem Debütanten, auch mit dem Resultat kann Lieberknecht für den weiteren Verlauf des zehntägigen Trainingslagers in einem schmucken Hotel in Chiclana de la Frontera gut leben. „Ich habe nichts dagegen, wenn das 1:0 bei uns zum Standardprogramm wird.“ Just dieses Ergebnis zum Hinrunden-Kehraus gegen Hoffenheim hat die Zuversicht wieder wachsen lassen. „Mir wird zu oft vergessen, dass wir nur drei Punkte Rückstand haben“, merkt Arnold an, „auf den Relegationsplatz wohlgemerkt.“ Und Lieberknecht fügt mit verschmitzter Miene an, „die Teams mit 18 und 19 Punkten sollten sich auch nicht zu sicher sein – das ist schnell aufgeholt.“

Klar, wen der gebürtige Pfälzer mit dem Kultstatus im östlichen Niedersachsen da im Blick hat: die norddeutsche Konkurrenz namens Hannover, Hamburg und Bremen. Bei Werder tritt Braunschweig am 26. Januar zum ersten Rückrundenspiel an, weshalb der Rivale mit Trainee Tim Borowski und Scout Sebastian Hartung gleich zwei Spione von Jerez de la Frontera nach Algeciras gesandt hatte. Was die gesehen haben? „Dass wir viele Spieler haben“, scherzte Lieberknecht hinterher. Was „Howie“ angedeutet hat, aber auch.