: 6.000 Studierende sollen zahlen
In Rekordzeit prüfte die Univerwaltung die Gebührenpflicht von 10.000 Studierenden. Ergebnis: Mehr als die Hälfte von ihnen soll zahlen. „Abwarten und Widerspruch einlegen“, rät der AStA
von Christian Jakob
Manchmal kann alles erstaunlich schnell gehen. „Es ist mir ein Rätsel, wie die Universität so viele Bescheide in so kurzer Zeit erlassen konnte“, sagt Uwe Hinken von der Bafög- und Sozialberatung des Bremer AStA. 6.163 Studierende, also gut jeder dritte der rund 20.000 Immatrikulierten, sollen für ihre Rückmeldung zum Wintersemester 671,50 Euro Studiengebühren zahlen. Im Frühjahr hatte die Universitätsverwaltung über 10.000 Anhörungsbögen an Studierende verschickt, die nach Aktenlage gebührenpflichtig waren.
Bis zum 1. Mai mussten Anträge auf Gebührenbefreiung bei der Universität eingehen. Nur sechs Wochen brauchte das Sekretariat für Studierende daraufhin, um die Anträge zu prüfen– ein Verwaltungs-Kraftakt sondergleichen.
Bei der Verabschiedung der Studienordnung hatte es immer wieder Verzögerungen durch Unstimmigkeiten zwischen Rektorat und Bildungsbehörde gegeben. An der Universität war deshalb bezweifelt worden, dass die Verwaltung die Anträge vor Beginn des Wintersemesters würde abarbeiten können. Dass alle Bescheide bereits jetzt zugestellt wurden, lässt bei vielen den Verdacht aufkommen, die Befreiungsanträge seien nicht richtig geprüft worden, um keine Verzögerung bei den Zahlungseingängen zu riskieren.
„Offenbar wurde hier mit der ganz heißen Nadel gestrickt“, sagt Hinken. Das Ergebnis erlebt der Anwalt in seinen Sprechstunden. Reihenweise kämen Studierende zu ihm, die einen Bescheid erhalten hätten, obwohl sie offenkundig, zum Beispiel wegen BaföG-Bezugs, von der Zahlungspflicht befreit seien. Das zuständige Sekretariat für Studierende war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Etwa die Hälfte der Bögen sei an Studierende gegangen, die als „Langzeitstudenten“ gelten, also im Herbst mindestens 14 Semester an der Universität verbracht haben. Die andere Hälfte sei angeschrieben worden, weil sie bei der Universität keine Bremer Adresse angegeben habe, sagt Eberhard Scholz, Pressesprecher der Universität. 850 Neuanmeldungen in Bremen habe es bisher darauf hin gegeben, soScholz. Für jeden dieser Neubürger erhält das klamme Bremen 3.000 Euro aus dem Länderfinanzausgleich. 650 Studierende hätten Angaben über ihren außerhalb Bremens registrierten Wohnsitz korrigieren lassen.
„Nicht zahlen, sondern informieren“, rät Johannes Bock vom AStA. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, gegen die Bescheide vorzugehen. Diese sollten konsequent ausgeschöpft werden, bevor man zahle. Eine mögliche Hintertür hat der Akademische Senat höchstselbst eingerichtet. Abschlussprüfungen können künftig auch in Urlaubssemestern abgelegt werden. Bisher war das nicht möglich. Der Vorteil: Urlaubssemester sind nicht gebührenpflichtig. Einzige Bedingung: Alle regulären Scheine aus dem Hauptstudium müssen bereits erworben worden sein.
So soll vermieden werden, das Studierende in höheren Semestern kurz vor Abschluss des Studiums aufgeben, weil sie die Gebühren nicht zahlen können oder wollen. Hierfür gibt es sogar zwei Bonus-Urlaubssemester. Auch wer sein Urlaubs-Kontingent ausgeschöpft hat, kann in den Genuss der Regelung kommen.
Eine Gruppe jedoch kommt um die Gebühren nicht herum: Wer 55 Jahre oder älter ist, muss in jedem Fall zahlen. Für die Senioren gelten keine der Ausnahme- oder Bonusregelungen.
Infoveranstaltung für zahlungspflichtige Studenten: Mittwoch, 5. Juli, 12 Uhr, „Keksdose“, Uni-Campus.