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Archiv-Artikel

deutsch-argentinische Freundschaft (5) Aus, aus! Das Spiel ist aus!

Meine Freundin ist Argentinierin. Ich bin Deutscher. Das spielt jetzt zum Glück keine große Rolle mehr

Die argentinische Flagge flattert weiter an unserem Balkon. Ich werde sie nicht abnehmen, und meine argentinische Freundin hat ebenfalls keinen Grund dazu. Klar war sie ein wenig traurig nach dem Spiel. Klar habe ich mich gefreut. Aber nein, es flossen keine Tränen und es kam auch zu keinem Handgemenge.

Gleich nach dem Spiel versammelte sich eine Gruppe euphorisierter deutscher Fantouristen unter unserem Balkon und sang, inspiriert durch die blauweiße Flagge, minutenlang: „Ihr könnt nach Hause fahr’n!“ Die Jungs unterlagen dabei einem grundlegenden Irrtum: Wir waren ja bereits zu Hause, im Gegensatz zu diesem aus Schwaben angereisten Fanmeilenpersonal. Ich sang zurück: „Ihr könnt schon nicht mehr fahr’n!“, aber obwohl ich zweifelsohne Recht hatte, konnten oder wollten sie mich nicht verstehen.

Meine deutsche Euphorie war da schon längst wieder vorbei: Sie hatte einfach keinen guten Grund. Gleich nach dem Anpfiff waren da die ersten ernüchternden Gefühle. Bei jedem Ballkontakt Pfiffe für die Argentinier, das musste einfach nicht sein. Argentinier und Deutsche, die im Stadion waren, berichteten mir später übereinstimmend von der unangenehmen, aufgeladen-aggressiven Atmosphäre.

Manche zweifelhafte Entscheidung des Schiedsrichters und besonders das von Miroslav Klose betriebene Ausscheiden des argentinischen Torhüters Roberto Abbondanzieri taten ihr Übriges dazu, dass ich den Sieg der Deutschen nicht wirklich genießen konnte. Dass die Argentinier nach dem Spiel ausgerastet sind, ist nicht zu entschuldigen. Aber ihnen nach einem über zweistündigen Pfeifkonzert vorzuwerfen, sie wären die Verantwortlichen für die aggressive Stimmung und hätten die Deutschen als Erste provoziert, ist schlicht absurd.

In Argentinien, so kann man jetzt hören und lesen, blühen die Verschwörungstheorien. Der Schiedsrichter sei sowieso auf Seiten der Deutschen gewesen. Auch die seltsame Einwechslungsstrategie des argentinischen Trainers José Pekerman wird von vielen für unerklärbar gehalten. Und mancher Spieler habe mysteriös verhalten gespielt. Floss da etwa Geld? Verschwörungstheorien eben. Eine Frage aber bleibt: Warum hat Diego Maradona, der größte Fußballer aller Zeiten und der unterhaltsamste Fan der ganzen WM, für sich und seine Leute bei diesem entscheidenden Spiel nur zwei Sitzplätze bekommen? Psychologische Kriegsführung? Gratuliere, Deutschland: Du hast gewonnen.   STEFAN KUZMANY