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Archiv-Artikel

Zu schnell für das Ohr

„RADIO-TATORT“ „Wilde Tiere“ verliert sich (21.05 Uhr, Nordwestradio)

Ein Mädchen ist verschwunden. Der Entführer schweigt im Verhör über das Versteck, das bringt den schwäbischen Kommissar Finkbeiner so in Rage, dass er ihm Schläge androht. Das Verhör ist acht Jahre her, das Mädchen längst tot. Aber beim schwäbischen LKA tauchen Tonbänder auf, die den Tabubruch beweisen sollen. Finkbeiner streitet alles ab, doch er wird vom Dienst suspendiert.

Das ist der spannendste der drei Handlungsstränge, die der „Radio-Tatort“ „Wilde Tiere“ erzählt. Der eigentliche Fall kommt dagegen kurz: An der französischen Grenze handelt ein Mann illegal mit Reptilien. Finkbeiners Kollegin Nina Brändle muss den Fall allein lösen. Dazu erfährt sie, dass Finkbeiner parallel an einer alten NS-Geschichte dran ist: Ein KZ-Arzt soll einen Teil von Finkbeiners Familie ermordet haben.

Damit reißt Autor und Regisseur Walter Adler drei Geschichten an, die spannend sein könnten. Doch es bleibt kaum Zeit für die zentralen Momente, wie die Erschießung des Tierhändlers. Knall, Schnitt, und damit ist er tot. Das geht viel zu schnell für das Ohr.

Dafür bekommt Figur Nina Brändle Tiefe. Ihren Liebhaber, der ihr einen Urlaub schenkt, kanzelt sie schroff ab. Sie arbeitet wie verrückt und vertieft sich in die Vorwürfe gegen Finkbeiner. Am Ende kann sie beweisen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen den Vorwürfen an Finkbeiner und der NS-Geschichte.

Autor Adler verliert sich in Details, dass man kaum versteht, wer hier was verbrochen haben soll. Der Geschichte hätte es gutgetan, sich auf die Foltervorwürfe zu konzentrieren: Darf man, um ein Verbrechen zu verhindern, ein anderes begehen? Finkbeiner schwingt sich am Ende zu einer moralischen Rechtfertigung von Folter auf. Da ist der Hörer allerdings längst ausgestiegen. ANNE FROMM

■ Weitere Ausstrahlungen von „Wilde Tiere“: 22 Uhr, MRD Figaro; 22.04 Uhr, RBB Kulturradio