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Archiv-Artikel

„Selbstlob auf sehr hohem Niveau“

Institut der Deutschen Wirtschaft: Recycling von Stahl, Papier, Glas und Co spart jährlich 3,7 Milliarden Euro

BERLIN taz ■ Gestohlene Bahngleise oder Gullydeckel: Dank rasant steigender Rohstoffpreise werden alternative Bezugsquellen zunehmend interessant. Durch die Wiederverwertung von Metall, Papier oder Glas spare die deutsche Volkswirtschaft jährlich rund 3,7 Milliarden Euro an Rohstoff- und Energiekosten. Dies geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die gestern in Berlin vorgestellt wurde.

„Langfristig ist keine Trendwende bei der Entwicklung der Rohstoffpreise erkennbar“, sagt Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Dies liege vor allem am schnellen Wirtschaftswachstum in China und anderen Schwellenländern und dem damit verbundenen Hunger nach Erdöl, Eisen und Co. In den letzten fünf Jahren stiegen die Weltmarktpreise für importierte Rohstoffe im EU-Raum um 81 Prozent.

Doch nicht nur die Marktlage befürworte den verstärkten Einsatz sogenannter Sekundärrohstoffe, so die Studie. Durch das seit 1. Juni 2005 geltende Deponieverbot von unbehandelten Siedlungsabfällen seien auch die Abfallbeseitigungskosten gestiegen. „Überall auf der Welt überlegt man heute, wie man mehr aus Müll machen kann, als ihn nur zu deponieren. Mit einer Recyclingquote von 65 Prozent ist Deutschland heute schon Vorbild“, schwärmt Stephan Harmening, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE). Allein in der Elektrostahlerzeugung würden so Importe in Höhe von 2,3 Milliarden Euro eingespart werden. Der BDE hatte die Studie beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Auftrag gegeben. Diese lobt dann den Auftraggeber: Erstens verringert die deutsche Abfallwirtschaft die Importabhängigkeit. Zweitens trage sie zur inländischen Wertschöpfung bei. Drittens gibt sie deutschlandweit 60.000 Menschen Lohn und Brot.

„Das Ergebnis der Studie ist nichts weiter als Selbstlob auf einem sehr hohen Rohstoff- und Energieverbrauchsniveau“, konstatiert hingegen Rüdiger Rosenthal, Pressesprecher des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Eine Kreislaufwirtschaft haben wir in Deutschland noch lange nicht.“

Auch die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil der Rohstoffaufbereitung je nach Materialart sehr unterschiedlich ausfällt. Während Altglas und Altpapier zu 88 Prozent zurück in die Herstellung gelangen, fällt die Recyclingrate ausgerechnet für den teuren Stahl mit 44 Prozent im internationalen Vergleich gering aus. Noch bedenklicher stimme die niedrige Kreislaufquote bei Chemikalien, so BUND-Sprecher Rosenthal: „In der EU werden immer noch mehr als 30.000 teilweise hochgiftige Chemikalien verwendet, die nicht wiederverwertet werden, und nur bei den wenigsten kennen wir die gesundheitlichen Risiken.“

VOLKER HOLLMICHEL

www.bde-berlin.de