AFRIKA AFRIKA : Zauberer sind doof
ELENA BEIS
Ob Tintenfisch Paul, Jogis blauer Pulli, der hellseherische holländische Papagei oder Südafrikas Sangoma-Wahrsagerei – mit jeder WM floriert der Aberglaube, und in Südafrika, wo die verstorbenen Ahnen Bestandteil des traditionellen Weltbilds sind, noch mehr. Kein afrikanisches Fußballteam dieser WM wagte sich ohne muti – die von Sangomas verschriebene Kräutermedizin – und den Segen der Ahnen aufs Feld.
„Sangomas“ heilen ihre Patienten durch einen Mix aus Ahnenbefragung, Weissagung und eben muti. Sie gelten als Mittler zwischen der Ahnenwelt und der Gegenwart, auch wenn nicht alle Afrikaner daran glauben. Ali, ein muslimischer Parkhauswächter aus Burundi, sagt: „Ich glaube nicht an Sangomas. Sie lügen alle. Wo ich herkomme, dort glauben die Menschen noch viel mehr an sie als hier in Südafrika. Aber man kann sehen, dass sie unrecht haben. Sie haben Bafana Bafana muti gegeben, und die haben es nicht einmal in die zweite Runde geschafft.“
Dady, ein Wachmann aus dem Kongo, sieht das differenzierter: „Es gibt zwei Arten von Sangoma. Diejenigen, die im Schlaf berufen werden und die in Träumen hellsehen, und dann gibt es die anderen, die Schwindler, die sich einfach selbst Sangoma nennen. Eine Sangoma kann kein WM-Ergebnis voraussagen und sie kann auch keine WM beeinflussen. Vielleicht können Sangomas bei afrikanischen Spielen und Spielern ein bisschen was beeinflussen – etwa wenn ein Spieler muti in seinem Schuh hat, dann kann das seinen Gegenspieler blockieren. Wenn es nicht regnet. Wenn es regnet, funktioniert das nicht. Aber bei einem internationalen Turnier herrscht eine andere Energie. Da sind andere Menschen dabei. Da funktioniert so etwas nicht.“
Chris, Hausmeister aus Ruanda, streitet sogar das ab: „Nein, ich glaube nicht an Sangomas. Nicht auf eine hellseherische Art und Weise. Auf eine psychologische Weise vielleicht. Sie können einen ankurbeln. Aber ich glaube nicht, dass es Mystiker gibt, die Wunder bewirken können.“
Sangomas befragten anlässlich der WM tüchtig die Ahnen – aber fast keine der Voraussagen traf ein. Argentinien, Deutschland und Holland waren bei den südafrikanischen Ahnen hoch im Kurs, aber alle schieden aus. Doktor Hassan, ein Sangoma aus Kamerun, wundert sich darüber nicht: „Als ein Sangoma kann ich nicht voraussagen, wie ein Team spielen wird, aber ich kann ihm dabei helfen, besser zu spielen.“ Auch Mama Letheho, die in Kapstadt als Sangoma arbeitet, sieht den Einfluss der Sangomas als beschränkt: „Wir können jemandem Antrieb geben, aber wir können nicht etwas erzwingen, was nicht sein soll. Auch ist es oft als Sangoma besser, nicht zu sagen, was du in der Zukunft siehst – denn in dem Moment, wo du zu jemandem zum Beispiel sagt, dein Team wird auf alle Fälle verlieren, beeinflusst du ihn.“
Cedric, ein südafrikanischer Koch, sagt: „Ob eine Sangoma hilft, hängt davon ab, ob du daran glaubt. Es hängt davon ab, ob du einer Sangoma vertraust. Es ist ein bisschen wie wählen gehen. Die meisten Menschen wussten nicht, wie Mandela sein wird, als sie ihn wählten. Sie wussten nicht, wie er „tanzen“ wird. Aber sie wählten ihn. Sie glaubten an ihn. Und mit den Sangomas ist das ähnlich. Die Menschen wissen nicht, was dabei herauskommt, aber sie glauben an sie.“