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Archiv-Artikel

Jukebox

Zurückhaltende Sängerin sucht Anschluss

Von AE

Konsens. Irgendwie strahlt die amerikanische Sänger- und Songwriterin Suzanne Vega Konsens aus. Alles an ihr ist stimmig, egal, wie genau man hinschaut, man wird nichts Aufregendes, keinen Spleen an ihr entdecken. Auf ihrem zweiten Album „Solitude Standing“ zum Beispiel sind die Songs, die sie alle selbst geschrieben und zum großen Teil auch selbst komponiert hat, so zugänglich wie Waren im Supermarkt. Die New Yorkerin spielt Gitarre und singt, begleitet wird sie von Bass und Schlagzeug, heraus kommen dabei Stücke, deren Stimmung zwischen heiter und wolkig liegt und die nicht viel mehr sein wollen als runde Popballaden.

Und dennoch: Gerade dieses Album aus dem Jahr 1987 ist ein kleines Meisterwerk. Schon das Eröffnungsstück „Tom’s Diner“, das erst Jahre später in der Techno-Version der britischen DJs DNA berühmt wurde, ist mutig. In einer Zeit, in der musikalisch nichts aufgemotzt genug sein konnte, beginnt Suzanne Vega ihr Album mit einem A-cappella-Stück. Die Worte sind einfach – deshalb findet sich „Tom’s Diner“ auch in einem Englisch-Lehrbuch für Schulen wieder. Der Song aber ist komplex: Von Spiegelungen erzählt Suzanne Vega, und damit meint sie nicht nur die Reflexion einer Frau in dem Fenster von Tom’s Diner. Auch von Fremd- und Selbstwahrnehmung handelt das Stück, und Vega greift die Proust’sche „mémoire involontaire“ auf – nur ist es bei ihr nicht der Geschmack von Teegebäck, sondern das Glockengeläute, das die Vergangenheit in die Gegenwart holt.

Die Zukunft sollte sich für Vega nicht allzu rosig gestalten: Seit Mitte der Neunzigerjahre hatte die Amerikanerin keine nennenswerten musiklischen Erfolge mehr, und als sie 1999 eine Sammlung mit ihren Gedichten und Essays herausgab, schien der Ausstieg aus dem Musikgeschäft beschlossen. Doch zwei Jahre später hat Suzanne Vega dann wieder ein Album veröffentlicht. Ihr bisher letztes, mit dem sie an ihre Songs aus den Achtzigern anschließen wollte. Am Montag gibt Suzanne Vega ein Konzert in der Berliner Passionskirche. AE