DER RECHTE RANDWas ein Hamburger Evangelikaler so alles denkt : Bewahrer der reinen Lehre
Er hält Wort: Im Januar 2009 hielt Pastor Ulrich Rüß in der St. Johannis-Kirche in Hamburg-Eppendorf seinen letzten Gottesdienst. Am Rande versicherte Rüß: „Natürlich werde ich mich weiter einmischen.“ Soeben hat der Präsident der „Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften“ dem neuen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) gratuliert – nicht ohne anzumerken, dass er sich Impulse für eine „geistig-moralische Wende zu den christlich-kulturellen Wurzeln“ erhoffe.
Rüß ist auch der Vorsitzender der „Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche“ und der „Konferenz Bekennender Gemeinschaften in der EKD“. Die „Kirchliche Sammlung“ soll mehr als 1.000 Anhänger haben. Thomas Kärst, Pressereferent der Bischofskanzlei Hamburg, nennt sie „sehr konservativ“, und das dürfte vorsichtig ausgedrückt sein.
Rüß sagt einerseits, die Kirche solle sich aus dem „tagespolitischen Geschäft“ heraushalten. Andererseits erklärte er im April dieses Jahres vor dem Evangelischen Arbeitskreis der CDU im schleswig-holsteinischen Pinneberg: „Wenn Moslems Aufnahme in der CDU finden, ist eine Muslimin als Ministerin nur konsequent.“ Die CDU verabschiede sich vom „C“. Im Februar wetterte Rüß gegen kirchliches Engagement gegen Rechtsextremismus: „Wann gibt es ein kirchliches Bündnis gegen Linksextremismus?“
Gefahr droht aber auch aus anderer Richtung: Nicht im Geiste Gottes findet Rüß etwa, dass beim Ökumenischen Kirchentag 2010 „Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern“ Veranstaltungen angeboten worden seien. In einen offenen Brief schrieb er, diese Menschen missachteten „oft in schriller Weise Gottes Wort und die Lehre der Kirche“. Auch Margot Käßmanns EKD-Vorsitz sei nicht nach Gottes Lehre gewesen: nicht nur wegen ihrer Scheidung – wegen ihres Geschlechts.
Hinweis:ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland