piwik no script img

Archiv-Artikel

Die Knigge-Frage

Darf man Kinder fragen, wie es in der Schule war?

Die Frage ist geläufig, ich höre sie jeden Tag pro Elternteil mindestens einmal. Darauf folgt dann immer die gleiche Antwort: „gut“. Eine Standardantwort, die ich wie jeder andere Jugendliche seit dem Kindergarten draufhabe. Die Antwort kommt unabhängig davon, wie mein Tag sich tatsächlich gestaltet hat, doch das ist der fragenden Person erfahrungsgemäß sowieso egal. Es handelt sich um eine Frage, die vergleichbar mit der alltäglichen „Wie geht’s“-Floskel ist, denn auf die gibt es ja auch in der Regel nur eine Antwort: „gut“.

„Wie war es in der Schule?“ – wenn der Tag wirklich gut war, dann sage ich auch „gut“. Die Motivation, das alles im Detail zu erzählen, ist jedoch ziemlich gering. War der Tag schlecht, sage ich natürlich auch „gut“, denn meine Motivation, einen schlechten Tag zu schildern, ist noch geringer.

Ich weiß nicht, ob Erwachsene Fragesteller sich eine echte Antwort auf diese Frage erhoffen? Ich glaube nicht. Es ist eine freundliche Scheinanteilnahme, die Eltern wahrscheinlich das Gefühl gibt, ihren elterlichen Pflichten nachzukommen. Das ist sicherlich nett gemeint und stört auch nicht weiter.

Die Frage ist also durchaus erlaubt – eine großartige, ernsthafte Antwort sollte sich allerdings niemand erhoffen. Als Tipp: Originellere Fragen bekommen auch ehrlichere Antworten.

PAULINA UNFRIED, 15

■ Sie haben eine Benimm-Frage? Mailen Sie an knigge@taz.de