„Wir haben keine Kinder mehr vor der Tür“

Über 4.000 in der Kita betreute Kinder im Laufe von drei Jahren: Sozialsenatorin nennt das Gutschein-System eine „echte Erfolgsstory“. Der Schwachpunkt bleibt die Versorgung der Kinder, deren Eltern arbeitslos sind

„Was als Sorgenkind begann, endet als Erfolgsstory“, bilanzierte Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram gestern drei Jahre Kita-Gutscheinsystem. So sei die Zahl der in Kitas betreuten Kinder seit 2002 von 49.800 auf 53.900 im Jahr 2005 gestiegen. 44 Kita-Neugründungen stünden lediglich 19 Schließungen gegenüber. Für 2006 prognostiziert sie einen nochmaligen Anstieg auf 55.380 Kinder, der sich vor allem aus einem Anstieg der Krippenplätze speist.

Dies ist ansehbar, weil Hamburg im August auch de jure allen berufstätigen Eltern für ihre Kinder von null bis 14 einen Kita-Gutschein garantiert. „Wir machen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich“, sagte die CDU-Senatorin. Viele machten sich noch nicht klar, welchen „Wert“ diese Verlässlichkeit habe.

Die oft geäußerte Kritik, das Konzept ginge zu Lasten der Kinder arbeitsloser Eltern, will Schnieber-Jastram nicht mehr gelten lassen. Zwar sei die Zahl der Krippenplätze in „sozial belasteten Stadtteilen“ um sieben Prozent gesunken und auch der Anteil der Ganztagsplätze für Drei- bis Sechsjährige von 80 Prozent auf 54 Prozent geschrumpft. Letzteres werde aber durch das neue Angebot des Fünfstundenplatzes plus Mittagsessen wieder wettgemacht. Rechne man diese mit ein, so ergebe sich, dass nicht bloß 80, sondern „86 Prozent aller Kinder in sozial belasteten Stadtteilen einen Betreuungsplatz für fünf Stunden mit Mittagsessen oder länger hatten“. Sie lasse lieber mehr Kinder betreuen, als „wenige besonders lang“, sagte Schnieber-Jastram. „Wir haben keine Kinder mehr draußen vor der Tür“.

Diese Zahlen beziehen sich allerdings nur auf die Kinder, die im Kindergarten sind. Allerdings besuchen 13 Prozent der Altersgruppe der Drei- bis Sechseinhalbjährigen weder Kita, Vorschule noch Tagesmutter. Wie sich diese Kinder auf arme und reiche Familien verteilen, ist nicht untersucht.

„Die Senatorin vergisst die Kinder aus armen Familien“, kritisiert darum auch die GAL-Jugendpolitikerin Christiane Blömeke und fordert Ganztagsplätze ab dem 1. Lebensjahr auch für Kinder arbeitsloser Eltern. Die SPD-Kita-Expertin Andrea Hilgers warf Schnieber-Jastram vor, die Realität „geschönt“ wiederzugeben. Sie arbeitet gegenwärtig an einer eigenen Kita-Umfrage, die sie im Spätsommer vorlegen will. KAIJA KUTTER