: Airlines kassieren beim Staat
Im Kampf um Passagiere subventionieren deutsche Flughäfen die Fluggesellschaften. Viel Steuergeld fließt vor allem in die kleinen 39 Regionalflughäfen. An manchen Orten kassieren die Fluglinien sogar mehr, als sie für Startgebühren ausgeben
von ANNETTE JENSEN
Der Münchner Flughafen soll ein internationales Luftverkehrsdrehkreuz werden. Dafür greifen die staatseigenen Betreiber tief in die Tasche: Die Münchner subventionieren den Treibstoff für Langstreckenflüge. Derzeit erhalten Fluglinien, die in München starten, 14 Euro pro 1.000 Liter Kerosin.
Vom Lärm geplagte Anwohner haben jetzt Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Sie wollen prüfen lassen, ob der Spritzuschuss eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe darstellt.
Kein Einzelfall: Auch anderswo sind Politiker bereit, beim Kampf um Passagiere Steuergeld zu opfern. Unter den 39 deutschen Regionalflughäfen findet ein regelrechter Subventionswettlauf statt. Das wissen gerade die Billigfluglinien auszunutzen. Die irische Ryanair hat es sogar an mehreren Standorten geschafft, den Geldfluss umzudrehen: Sie kassiert mehr Marketingzuschüsse, als sie für Start- und Landegebühren ausgeben muss. „Ryanairs Strategie ist ja durchaus legitim. Problematisch ist, dass sich öffentlich finanzierte Institutionen darauf einlassen“, urteilt Eric Heymann, der für Deutsche Bank Research eine Studie über die Subventionen verfasst hat.
Die EU-Kommission hat errechnet, dass ein Flughafen erst wirtschaftlich betrieben werden kann, wenn ihn – abhängig von diversen anderen Parametern – zwischen 500.000 bis 2 Millionen Reisende nutzen. Tatsächlich erreicht außer Hahn im Hunsrück nicht ein einziger deutscher Regionalflughafen auch nur annähernd die 2-Millionen-Marke. An 33 von 39 Standorten wird die Infrastruktur sogar für weniger als 100.000 Passagiere im Jahr unterhalten, in 19 deutschen Regionalflughäfen starten oder landen sogar weniger als 10.000 Reisende. „Damit fließen Steuermittel trotz leerer öffentlicher Kassen oft an ausländische Billigfluggesellschaften und deren Kunden. Dies bedeutet Wettbewerbsverzerrung gegenüber kostendeckenden Flughäfen“, moniert Heymann.
Je winziger der Flughafen, desto höher die öffentliche Förderung pro Fluggast. Während die großen Airports in der Regel nur Investitionskostenzuschüsse in Höhe von etwa 50 Cent pro Passagier bekommen, gehen die Forscher der Deutschen Bank bei kleinen Flughäfen von 5,90 Euro Investitionszulage pro Reisenden aus. Zudem gibt es durchschnittlich noch 3,30 Euro Betriebskostenzuschuss, stellt Heymann klar. Weigert sich eine Flughafengesellschaft wie kürzlich in Dresden, solche Verlustgeschäfte abzuschließen, bleibt etwa die größte europäische Billigfluglinie Ryanair einfach weg – und ein Großteil des Flughafens liegt brach.
Die EU-Kommission versucht seit längerem, den Subventionswettlauf zu stoppen. Sie hat klar gestellt, dass staatlich betriebene Flughäfen ihre Gebühren so kalkulieren müssen, dass sie dabei keine Verluste machen. Allerdings soll die Kostendeckung nur langfristig nachgewiesen werden – was viele Schlupflöcher für öffentliche Zuschüsse offen lässt. Seit letztem Herbst dürfen Flughäfen nur noch begrenzt unterstützen: Maximal bis 50 Prozent der Kosten darf der Airport den Linien zahlen – nur bei neuen Verbindungen, befristet auf drei Jahre. Lediglich an besonders abgelegenen und benachteiligten Standorten gilt eine fünfjährige Frist.