: Was die EU zu erwarten hat
Polens neue Spitze ist gegen eine gemeinsame EU-Außenpolitik und die Verfassung. Selbst die USA fordern Warschau auf, bessere Beziehungen zu Berlin zu pflegen
WARSCHAU taz ■ Kaum war Polens Präsident Lech Kaczyński von seiner Magen-Darm-Verstimmung genesen, empfing er letzte Woche auch schon den früheren Präsidenten Frankreichs, Valéry Giscard d’Estaing. Thema des Gesprächs sei die Europäische Verfassung gewesen, hieß es etwas einsilbig nach dem Treffen. „Ich werde einige Punkte ein weiteres Mal durchdenken“, murmelte der 57-Jährige entnervt ins Mikrofon.
Anders als die meisten EU-Mitglieder hat Polen den Ratifizierungsprozess für die Verfassung gestoppt, nachdem die Franzosen und Niederländer „Nein“ zur ihr sagten. Lech Kaczyński gilt wie sein Zwillingsbruder Jaroslaw als entschiedener Gegner der Verfassung. Die meisten Polen sind zwar nach zwei Jahren Mitgliedschaft in der Union ausgesprochen EU-freundlich eingestellt und würden in einem Referendum auch mit einem Ja für die Verfassung stimmen. Aber die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hält nicht viel von einer tieferen Integration. Eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik lehnt die PiS ab. Statt sich aktiv an der Diskussion um eine EU-Energiepolitik der EU zu beteiligen, schlug die nationalkonservative Regierung eine „Energie-Nato“ vor. Deutlich wurde: Warschau steht die Nato immer noch näher als die EU.
Polens „strategischer Partner Nummer 1“ sind nach wie vor die USA. Doch als Verteidigungsminister Radoslaw Sikorski den Vertrag über die Ostseepipline als Hitler-Stalin-Pakt bezeichnete, war das sogar den Amerikanern zu viel. Zbigniew Brzezinski, der 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter war und bis heute zu den einflussreichsten Politologen der USA gehört, redete den Polen ins Gewissen: „Ihr müsste auf eure Beziehungen zu Deutschland achten.“ Polen stehe ohne den Bündnispartner Deutschland in der EU auf verlorenem Posten.
Bei den Kaczyńskis ist diese Mahnung nicht angekommen. Noch kurz vor den Parlamentswahlen im Herbst bekannten sie, dass sie in der EU keinen Gesprächspartner hätten finden können, mit dem freundschaftliche Zusammenarbeit möglich wäre. Ihre Partei, die PiS, hatte sich denn auch einer völlig bedeutungslosen Fraktion im Europäischen Parlament angeschlossen, der Union für ein Europa der Nationen. Und als Außenministerin Fotyga die taz mit dem Stürmer verglich, bezeichnete Aleksander Smolar, Präsident der liberalen Batory-Stiftung in Polen, dies als fatalen Fehler. „Wir isolieren uns immer mehr in der EU.“ GABRIELE LESSER