: Ein düsteres Bild
„Rare cancer seen in 41 homosexuals“ (seltener Krebs bei 41 Homosexuellen entdeckt) – diese Meldung vom 3. Juli 1981 in der New York Times steht am Anfang des Diskurses über HIV und Aids. 25 Jahre später blickt Larry Kramer, der wichtigste Aids-Aktivist der USA, auf die Geschichte lesbischer und schwuler Politik zurück. In seinem neuen Buch „The Tragedy of Today’s Gays“ erklärt Kramer die amerikanische Homobewegung für gescheitert.
Der amerikanische Aids-Aktivist und Bestsellerautor („Faggots“) und Dramatiker („The Normal Heart“) Larry Kramer war in den 80er-Jahren Gründungsmitglied der beiden wichtigsten Aids-Organisationen in den USA, „Gay Men’s Health Crisis“ und „Act Up“ (Aids Coalition to unleash Power – Aids-Koalition, um Kraft freizusetzen), die mit ihrer Arbeit und ihren Aktionen die Aids-Krise in das Bewusstsein der amerikanischen Öffentlichkeit brachten. Und dies zu einer Zeit, als der damalige Präsident Ronald Reagan sich weigerte, das Wort „Aids“ überhaupt auszusprechen. Kramer ist seitdem bekannt für seine radikale Rhetorik in der Aids-Politik. Die Aids-Krise beschreibt er von Anfang an als „Holocaust“ („Reports from the Holocaust: the Making of an Aids Activist“) und Schwule, die sich gegenseitig mit dem HI-Virus infizieren, nennt er „Mörder“.
Angesichts der steigenden Neuinfektionen innerhalb der Schwulenszene in den letzten Jahren hat sich Kramer nun wieder zu Wort gemeldet. In „The Tragedy of Today’s Gays“, zunächst als Rede an New Yorks berühmter Cooper Union gehalten, wo sonst auch Präsidenten sprechen, und jetzt als Buch erhältlich, rechnet er mit der schwulen Reaktion auf Aids ab. Kramer zeichnet darin ein düsteres Bild der gegenwärtigen amerikanischen Gesellschaft zu einem Zeitpunkt, an dem Präsident George W. Bush versucht, per Verfassungsänderung die Homoehe landesweit verbieten zu lassen.
Larry Kramer, 70, lebt mit seinem Partner, dem Architekten David Webster, in New York und Connecticut. Kramer ist der erste HIV-Positive, bei dem eine Organtransplantation durchgeführt worden ist. Aufgrund einer chronischen Hepatitis-B-Infektion wurde ihm im Jahre 2001 eine neue Leber eingesetzt. Zuvor war der stets streitbare Aktivist in mehreren Publikationen irrtümlich für tot erklärt worden. PETER REHBERG