: SPD kritisiert Sozialausgleich für Reiche
GESUNDHEITSREFORM Gutachter hält Bevorzugung von Nebenjobs und Zweitrenten für verfassungswidrig
BERLIN apn/taz | Der von der schwarz-gelben Koalition im Rahmen der Gesundheitsreform geplante Sozialausgleich ist nach Ansicht der SPD in vielen Fällen zu großzügig bemessen. Der Frankfurter Sozialrechtler Ingwer Ebsen kritisiert in einem Gutachten, das er im Auftrag der Partei erstellte, dass bei der Einkommensberechnung nur das hauptsächliche Arbeitsentgelt und die gesetzliche Rente berücksichtigt werden sollen. Wer über weitere Einkünfte wie Zweitjobs oder Betriebsrenten verfüge, werde bevorzugt. Das sei mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar und daher verfassungswidrig.
Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) wies die Kritik am Sonntag zurück. „Ein Gutachten, das zu einem noch nicht existierenden Gesetzentwurf erstellt wird, kann nur politisch motiviert sein und ist fachlich nicht seriös“, sagte er. Auf Fachebene liefen bereits Gespräche mit der Deutschen Rentenversicherung. Was die Zusammenführung verschiedener Zahlungen angehe, gebe es beim Wohngeld und bei der Grundsicherung schon Modelle, wo das hervorragend funktioniere.
Die SPD-Gesundheitsexpertin Elke Ferner sagte unter Verweis auf die Riester-Rente, die Zahl der Bezieher von mehreren Renten werde tendenziell steigen. Allein bei der Deutschen Rentenversicherung gebe es bereits 4,4 Millionen Rentner, die mehr als eine staatliche Rente erhielten. Diese Renten würden aber an keiner Stelle zusammengeführt. Wer aus mehreren Versicherungen ein hohes Einkommen erziele, erhalte dennoch den Sozialausgleich. Nicht aber der Rentner, der zwar eine höhere gesetzliche Rente habe, mangels anderer Einkünfte aber insgesamt weniger bekomme. Die SPD-Fraktion habe Rösler auf diese Problematik angesprochen, aber keine befriedigende Antwort erhalten, sagte Ferner.
Die Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP hatten sich vor der Sommerpause unter anderem darauf geeinigt, den einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag für Versicherte zu erhöhen. Im Gegenzug soll es einen Sozialausgleich für Geringverdiener geben. Die Opposition kritisiert das Modell als Einstieg in die Kopfpauschale. Die SPD propagiert seit Jahren das Modell einer Bürgerversicherung, bei der ausnahmslos alle Einkünfte in die Beitragsberechnung einfließen sollen, also auch Miet- oder Zinseinnahmen.