Israel schließt Waffenstillstand nicht mehr aus

Ist die Hisbollah aus dem Grenzgebiet vertrieben, soll eine robuste libanesische Armee stationiert werden. Zur Not mit internationaler Hilfe

JERUSALEM taz ■ Eine Woche nach Beginn der Gefechte zwischen der libanesischen Hisbollah und Israel gibt es erste Hoffnung auf ein Ende der Gewalt. Vorläufig werde der diplomatische Prozess jedoch parallel und nicht anstelle der Militäroperationen stattfinden, betonte Israels Außenministerin Zippi Livni nach Gesprächen mit UNO-Vertretern, am Dienstag in Jerusalem.

„Die Hisbollah muss von der libanesischen Grenze vertrieben werden und die libanesische Armee muss im Südlibanon Positionen einnehmen“, umriss sie die Bedingungen für einen Waffenstillstand. Livni forderte zudem die Freigabe der beiden von den schiitischen Extremisten entführten Soldaten sowie Garantien, dass Iran und Syrien die Rüstungslieferungen an die Hisbollah einstellen. Israels Minister für innere Sicherheit, Avi Dichter, hält einen Gefangenenaustausch für nicht mehr ausgeschlossen. „Wir werden die Soldaten nach Hause bringen“, meinte Dichter gegenüber dem Armeeradio. „Auch wenn der Weg über Verhandlungen führt.“ Israel hatte bislang einen „Handel mit Terroristen“ ausgeschlossen.

Entgegen ihrer früheren Position gegen die Stationierung internationaler Truppen, zeigte sich Livni offenbar dem zunehmenden Druck aus New York und Europa folgend offener. Israel würde die Stationierung der libanesischen Armee bevorzugen, nicht zuletzt sei Israels Erfahrung mit der Unifil (UN-Beobachtertruppe im Libanon) „nicht ausreichend“. Dennoch wolle man „Wege zur Stärkung der libanesischen Armee“ nicht ausschließen.

Bereits am Vorabend hatte Israels Premierminister Ehud Olmert in seiner Rede vor dem Parlament einen Waffenstillstand erwogen, sobald „der Südlibanon von fremden Kräften befreit ist“. Olmert betonte, dass es weder bei den Gefechten im Norden noch im Süden um einen territorialen Konflikt ginge. „Wir befinden uns an international anerkannten Grenzen.“ Der Ministerpräsident bestritt ferner, Einfluss auf die innenpolitischen Entwicklungen im Libanon und in den Palästinensergebieten nehmen zu wollen.

Israel hat den Einsatz internationaler Truppen, die auch im Konflikt mit den Palästinensern immer wieder auf der Agenda bei Friedensverhandlungen stand, stets abgelehnt. Grund für das Misstrauen gegen die UNO sind vor allem die wiederholten Verurteilungen der Politik Jerusalems in den besetzten Gebieten. Vor vier Jahren erreichten die Beziehungen einen erneuten Tiefpunkt, als bekannt wurde, dass im Südlibanon stationierte UNO-Soldaten Filmmaterial zurückhielten, das offenbar die Entführung dreier israelischer Soldaten dokumentierte.

Die noch immer im Libanon stationierten 2.000 Unifil-Angehörigen seien „nicht effektiv und irrelevant“, stellte Livni fest. Allerdings hatte UNO-Generalsekretär Kofi Annan von einer „bedeutend größeren und besser ausgestatteten internationalen Stabilisierungstruppe“ gesprochen, bewaffneten Männern, die nicht nur Berichte schreiben.

Jerusalems größte Sorge ist, einen Wiederholungsfehler zu vermeiden. Nur langsam erholen sich Bevölkerung und Politiker von den neuartigen Raketen, die in Haifa einschlugen und acht Menschen töteten. Die Hisbollah nutzte die vergangenen sechs Jahre, um ihre Waffenlager aufzufüllen, und wird dasselbe wieder versuchen, sobald die israelischen Angriffe eingestellt werden. Außenministerin Livni forderte deshalb nicht nur die Vertreibung der schiitischen Extremisten aus dem Süden des Libanon, sondern auch ihre komplette Auflösung. Eine Entwaffnung hätte es laut UNO-Beschluss 1559 ohnehin längst geben müssen. SUSANNE KNAUL