: „Vermischte Genres“
WETTSTREIT 12. Hamburger Comedy-Pokal leuchtet neue Formen und die Grenzen des Humors aus
■ 43, seit 15 Jahren Profi-Komiker, hat Germanistik und Kunstpädagogik studiert. Die Figur „Nagelritz“ entstand 1996.
taz: Herr … wie heißen Sie eigentlich im richtigen Leben?
Nagelritz: Sagen Sie ruhig Nagelritz. Das ist mein Komiker-Ego.
Also, Herr Nagelritz, warum braucht der Comedy-Pokal einen Schirmherrn? Schaffen die ohne Sie keinen Humor?
Das schaffen die ohne mich allemal! Das ist ja meine erste Schirmherrschaft, und ich musste mich auch erst schlau machen: Was macht ein Schirmherr?
Nämlich?
Noch weniger als ein Bundespräsident. Es ist etwas eher Repräsentatives, und ich fühle mich sehr geschmeichelt.
Würden Sie nicht lieber auf der Bühne stehen?
Werde ich ja. Wie in den letzten Jahren moderiere ich einige Veranstaltungen. Und als Teilnehmer habe ich 2005 auf der Bühne gestanden, als ich den Pokal gewann.
Ganz allgemein gefragt: Was ist Humor?
Irgendwer hat gesagt: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Aber ich als Humor-Arbeiter habe das nie genau analysiert. Es würde auch nicht helfen, denn es ist oft überraschend, worüber das Publikum lacht. Das Tiefsinnigste über Humor stammt aber von Brecht: „Schlimm ist eine Gesellschaft ohne Humor. Noch schlimmer eine, die ohne Humor nicht mehr auskommt.“
Sind wir eine Gesellschaft, die ohne Humor nicht auskommt?
Brecht bezog es auf soziale Missstände, und heute geht es eher um das Phänomen Spaßgesellschaft. Das sind wir wirklich. Vor 20 Jahren hatten komödiantische Darbietungen einen anderen politischen Anspruch. Insofern spiegelt der Comedy-Pokal den Zeitgeist.
… während das politische Kabarett ausstirbt?
Die Genres vermischen sich immer mehr. Das mag dran liegen, dass Begriffe wie Rechts und Links in der Politik verschwimmen. Jedenfalls firmiert unter „Comedy“ inzwischen alles – auch Kabarett, Komiker, Clowns.
Hat der Comedy Pokal eine Charta, gibt es No-Go-Witze?
Ich glaube nicht, und das finde ich in Ordnung.
Man könnte zum Beispiel Behinderten- oder Holocaust-Witze ächten.
Ja, aber das wäre eine künstlerische Zensur. Es kommt immer darauf an, wer den Witz macht. Betroffene dürfen es, und dann darf das Publikum auch lachen. Ein gelungenes Beispiel ist die Holocaust-Komödie „Das Leben ist schön“. Aber ich weiß nicht, ob eine deutsche Produktion das hätte tun können. INTERVIEW: PS
Hauptrunde des Comedy-Pokals: 20 Uhr, diverse Orte. Bis 3. 2. www.hamburgercomedypokal.de