piwik no script img

Archiv-Artikel

„Wir hoffen auf den Denkmalschutz“

DENKMAL Man sollte ein paar Bunker als Dokument erhalten, sagt der Vorsitzende der Berliner Unterwelten

Dietmar Arnold

■ ist Jahrgang 1964 und von Beruf Stadt- und Regionalplaner sowie Vorsitzender des Vereins Berliner Unterwelten, der unterirdische Bauten erforscht.

taz: Herr Arnold, in Berlin hat man begonnen, die letzten Bunker zu entwidmen. Ist Ihre Arbeit damit beendet?

Dietmar Arnold: Wir hoffen, dass es nicht so ist. Am Gesundbrunnen, wo wir seit 2000 Führungen anbieten, findet man ein einmaliges unterirdisches Ensemble. Das Landesdenkmalamt prüft seit Jahren unseren Antrag, es unter Denkmalschutz zu stellen. Es gibt eine original erhaltene Schutzanlage aus dem Zweiten Weltkrieg, einen gesprengten Bunker aus der Nachkriegszeit, eine in Zeiten des Kalten Krieges reaktivierte historische Schutzanlage und den U-Bahnhof Pankstraße. Dieser wurde in den 1970er Jahren als Atomschutzbunker neu gebaut und ist noch komplett eingerichtet – mit Tiefbrunnen, Dieselnotstromaggregat und Betten für 3.500 Personen. Wenn die Anlagen jetzt aus der Zivilschutzbindung rausfallen, werden sie entkernt, und danach kann man sie vergessen. Wir hoffen auf den Denkmalschutz, denn sonst ginge Berlin ein zeitgeschichtliches Dokument verloren.

Könnte man in diesen Bunkern einen Atomschlag überleben?

Wenn man im Zentrum der Explosion sitzt, dann hat man auch im Bunker keine Chance. Aber ab sieben Kilometern Entfernung ist man darin durchaus sicher.

Und wie sollte es nach dem Überleben weitergehen?

Das war alles nicht wirklich durchdacht. Letztendlich hat man die Bunker nur betrieben, um zu verhindern, dass die Zivilbevölkerung flüchtet. Das war das Nato-Konzept „Stay put“, also „Bleib zu Hause“. Denn wenn sich alle Menschen auf den Weg machen und die Autobahnen blockieren, kann das Militär nicht mehr aufmarschieren. Es galt, die Leute vor Ort zu halten und ihnen zu suggerieren, hier wird was für euch getan.

Welche Nachnutzungen sind für Bunker denkbar?

In Hamburg oder Köln hat man Übungsräume für Bands eingerichtet. In dem Berliner Bunker an der Reinhardtstraße in Mitte hat der Kunstsammler Christian Boros sein Kunstlager eingerichtet und oben drauf ein Penthouse gesetzt. Die langweiligste Lösung ist, sie zu entkernen und als Tiefgaragen zu nutzen.

Diese Bauten sollten einen Atomkrieg überstehen. Kann man sie auch einfach demontieren?

Wenn man nicht versucht, sie als Ganzes zu sprengen, ist es kein Problem, die Bunker zu knacken. Heute gibt es Sägeblätter, mit denen man zwei Meter Beton ganz locker durchschneiden kann. Es ist aber entsprechend teuer.

INTERVIEW: JULIANE WIEDEMEIER