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Archiv-Artikel

Israels vielsprachige Chefdiplomatin

Kaum sechs Monate im Amt, läuft Israels Außenministerin Zippi Livni einen diplomatischen Marathon nach dem anderen. Morgens Treffen mit Russlands Vizepremier, abends mit Condoleezza Rice. Mit jedem Tag der Offensive und neuen libanesischen Opfern wird es schwerer, der Welt die israelische Strategie zu erklären, wenn sich schon im Kabinett die Kritiker melden.

Der „Rising Star“, so schrieb Newsweek, macht sich sehr gut als Israels Chefdiplomatin. In fließendem Englisch und Französisch empfängt sie Gäste. Nach dem Wahlsieg der Hamas schaffte sie es, dass USA und EU fast wörtlich Israels Forderungen an die Palästinenser übernahmen. Auf der Welle westlicher Sympathie schwimmt die souveräne Ministerin, sobald das Thema Iran heißt. Wenn nun die Bedingungen für eine Waffenruhe im Libanon verhandelt werden, kann sie sich zumindest der Rückendeckung der USA sicher sein.

Regierungschef Ehud Olmert rief im Januar die jüngere Kollegin an seine Seite. Nach Golda Meir ist Livni die zweite Chefin im Außenamt. Sie wuchs im Haus rechtsnationaler Eltern auf, die sie schon als Mädchen zu Besuchen beim damaligen Likud-Premier Menachem Begin mitnahmen. Ihr Vater, Eitan Livni, gehörte zum jüdischen Untergrund und war später selbst Parlamentarier für den Likud.

Die ehrgeizige junge Frau boxte sich schon im Militärdienst durch, schaffte es bis zum Leutnant und schloss sich danach für vier Jahre dem Mossad an, wo sie „viele Dinge lernte, die ich überhaupt nicht brauchen kann“. Nach dem Jurastudium ging sie zunächst in die Privatwirtschaft, bis sie sich 1999 für den Likud in die Knesset wählen ließ. Schon 2001 zog sie in die Regierung ein.

Seither stand sie sieben verschiedenen Ministerien vor. „Nicht weil ich so universell begabt bin“, gab sie auf einer Wahlkampfveranstaltung zu, sondern wegen der Instabilität der Regierungen. Ihr Wechsel zu Kadima basierte auf der Hoffnung, mit der neuen Partei der Mitte eine breite Mehrheit zu erreichen. Zudem „rannte der Likud den Entwicklungen immer hinterher“, während sie nun versuchen will, neue „machbare“ Wege zu finden.

Die jüngsten Entwicklungen stellen indes in Frage, ob der geplante Weg eines einseitigen Teilabzugs aus dem Westjordanland noch umsetzbar ist. Es sei zu früh, darüber zu diskutieren, sagte Livni diese Woche, doch vorläufig mangelt es der Regierung an Alternativen. „Man braucht nicht allzu viel Fantasie“, verplapperte sie sich bei einem Besuch an der Trennmauer zwischen Israel und den Palästinensergebieten, „um sich vorstellen zu können, wo der künftige Grenzverlauf liegt.“ SUSANNE KNAUL