: Mutmaßlicher Mossad-Mann kommt nach Deutschland
DUBAI-MORD Polen liefert Uri Brodsky aus. Er darf aber nicht wegen Agententätigkeit angeklagt werden
BERLIN taz | Es ist wohl das erste Mal, dass einem mutmaßlichen Mossad-Agenten in Deutschland der Prozess gemacht werden soll. Innerhalb von zehn Tagen muss der mutmaßliche Agent Uri Brodsky von Polen nach Deutschland überstellt werden. Das hat ein polnisches Berufungsgericht am Mittwoch in Warschau entschieden. Das Berufungsgericht bestätigte damit einen Entscheid der Vorinstanz von Anfang Juli.
Brodsky war am 4. Juni auf dem Flughafen in Warschau aufgrund eines europäischen Haftfehl festgenommen worden. Dieser Haftbefehl war von deutschen Behörden wegen „geheimdienstlicher Tätigkeit“ gegen Brodsky erwirkt worden. Das Gericht hatte jetzt lediglich zu prüfen, ob die formalen Anforderungen für eine Überstellung nach Deutschland erfüllt sind und ob der Verdächtige korrekt identifiziert wurde. Nach der Entscheidung des polnischen Berufungsgerichts darf Brodsky allerdings nicht der „geheimdienstlichen Tätigkeit“, sondern nur wegen „Falschbeurkundung und Fälschung“ angeklagt werden.
Brodsky wird vorgeworfen, an den Vorbereitungen für das Attentat auf den Hamas-Führer Mahmoud al-Mabhuh beteiligt gewesen zu sein. Mabhuh, der von Israel des Waffenhandels für die Hamas beschuldigt wird, war am 19. Januar 2010 in Dubai in einem Hotelzimmer ermordet worden. Nach Angaben der Polizei in Dubai waren an dem Mordkommando 27 Frauen und Männer beteiligt, die in der Mehrzahl mit gefälschten europäischen Pässen unterwegs waren. Brodsky wird nach Angaben der deutschen Ermittlungsbehörden nicht der direkten Beteiligung an dem Mord in Dubai verdächtigt. Vielmehr soll er im Frühjahr 2009 einem anderen mutmaßlichen Mossad-Agenten dabei behilflich gewesen sein, sich beim Einwohnermeldeamt in Köln einen deutschen Reisepass erschlichen zu haben. Der Pass auf den Namen Michael Bodenheimer wurde in Dubai bei der Einreise kurz vor dem Attentat und bei der Ausreise kurz nach dem Attentat registriert.
Der Polizeichef von Dubai, Dhabi Khalfan, hatte im Juni gegenüber der lokalen Presse erklärt, dass er Brodsky „zu den Drahtziehern in der Affäre um die Ermordung des Hamas-Funktionärs“ zähle. Khalfan hatte auch stets behauptet, dass der Mossad für die Tat verantwortlich sei. Israel hat – wie üblich – eine Beteiligung des Mossad bislang weder bestätigt noch dementiert. Das Agenteam war in dem Hotel in Dubai in Tenniskleidung von Kameras gefilmt worden, wie es Mabhuh im Hotel auflauerte. Großbritannien, Irland, Frankreich, Deutschland und Australien hatten gegen die Nutzung ihrer Pässe gegenüber der israelischen Regierung scharf protestiert. GEORG BALTISSEN