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Archiv-Artikel

Meilenstein im Untergrund

Die beiden Röhren für die S-Bahn zum Flughafen Fuhlsbüttel sind in Rekordzeit fertig gebohrt. In zwei Jahren sollen die Züge in nur 23 Minuten vom Airport zum Hauptbahnhof rauschen

Von Sven-Michael Veit

Michael Freytag tut das, was er am liebsten macht: Er redet über „Meilensteine“. Solche hat er in seinen gut zwei Jahren als Hamburger CDU-Senator für Stadtentwicklung und Umwelt schon dutzendfach wahlweise geplant, geortet, versprochen oder gar bejubelt.

Gestern schon wieder. Um 14.12 Uhr kam unter dem U-Bahnhof Klein Borstel SOFIA ans Tageslicht, damit war die zweite Röhre für die S-Bahn zum Flughafen gebohrt. Sieben Monate hatte sich das 65 Meter lange stählerne Monster, dessen hübscher Name das Wortungetüm „S-Bahn Ohlsdorf – Flughafen in Arbeit“ überdeckt, durch die Geologie des Alstertals gefräst. Als die 390 Tonnen schwere Maschine gestern aus dem Untergrund auftauchte, war das für Freytag ein weiterer „Meilenstein“.

Zumal die Bauarbeiten den Zeitplan deutlich unterschritten haben. Den ersten Tunnel von sieben Metern Durchmesser hatte Sofia bis September vorigen Jahres in der Rekordzeit von zehn Monaten gebohrt, für die parallele Röhre benötigte sie gar ein Vierteljahr weniger. „Ein wichtiges Etappenziel ist vorfristig erreicht“, sagt Freytag, und dass dies „ein guter Tag für die wachsende Metropole Hamburg“ sei.

1.750 Meter ist die Röhre lang. Das ist gut die Hälfte der drei Kilometer langen Strecke zwischen dem S/U-Bahnhof Ohlsdorf und der künftigen Airport-Station unter dem Terminal 2 des Flughafens. Runde 280 Millionen Euro wird das Projekt kosten, Hamburg zahlt die Hälfte, Bund und Bahn den Rest.

In zwei Jahren, wenn der Innenausbau der Tunnel abgeschlossen, die Gleise verlegt und die Technik installiert ist, soll die Verbindung in Betrieb genommen werden. Im Zehn-Minuten-Takt werden dann die S-Bahnen zwischen Flughafen und Hauptbahnhof via Ohlsdorf verkehren (siehe Kasten). „In einer Fahrtzeit von etwa 23 Minuten“, verheißt Ute Plambeck, Bahnvorstand für Hamburg und Schleswig-Holstein, damit könne man sich international sehen lassen. Plambeck geht von täglich 13.500 Fahrgästen aus, die dann den Zug zum Jet dem Auto vorziehen. Bis zu drei Millionen Reisende weniger auf der Straße, glaubt sie, sei „ein erreichbares Ziel“.

Die jährlichen Betriebskosten von geschätzten mindestens sechs Millionen Euro, so die Planungen, sollen durch die Fahrpreise und Großkundenabos aufgebracht werden. Zudem werden die Zuschüsse umgeleitet, die jetzt noch für den Airport-Shuttle fließen. Dieser Bus von Ohlsdorf nach Fuhlsbüttel wird dann eingestellt.

Ein Weiterbau in Richtung Norden steht zurzeit nicht zu Diskussion. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) hatte im April eine „Ertüchtigung“ der AKN-Strecke von Kaltenkirchen nach Hamburg ins Gespräch gebracht, die Opposition im Kieler Landtag hingegen fordert eine direkte Bahnverbindung von der Landeshauptstadt via Neumünster und Kaltenkirchen zum Hamburger Airport.

Dieser „Schienenflieger“ soll den immer mal wieder angedachten Ausbau des Kieler Flugplatzes Holtenau überflüssig machen und könnte in weniger als einer Stunde von der Förde nach Fuhlsbüttel rauschen. Ein Gutachten im Auftrag Austermanns errechnete etwa 400 Millionen Euro kosten – nicht so viel mehr als die drei Kilometer Hamburger Flughafen-S-Bahn.