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Archiv-Artikel

General werde ich sicher nicht mehr

Panter-Kandidat (8): Der 49-jährige Major Florian Pfaff hat Mut zum Widerstand

Während seiner Grundausbildung im Jahr 1976 hatte Florian Pfaff gelernt, dass die Bundeswehr sich nie an einem Angriffskrieg beteiligen werde, erst recht nicht an einem völkerrechtswidrigen. Der 20-jährige Wehrpflichtige hatte damals gut aufgepasst, Jahre später wurde er so zum Befehlsverweigerer.

Schon am Bundeswehreinsatz in Somalia wollte er sich keinesfalls beteiligen, zum Eklat kam es, als er sich weigerte, einen Beitrag zum Irakkrieg zu leisten: Im Rahmen seiner Tätigkeit im Streitkräfteamt der Bundeswehr entwickelte er zu diesem Zeitpunkt Software, die die logistischen und administrativen Prozesse der Bundeswehr steuern sollte: Für Florian Pfaff war schnell klar, dass diese zumindest indirekt im Irakkrieg eingesetzt würden, schließlich hatte die Bundesregierung unter Gerhard Schröder den Amerikanern Unterstützung durch Spürpanzer, Awacs-Einsätze über der Nordtürkei und die Bewachung von Bundeswehrkasernen zugesichert.

Major Pfaff meldete sich daraufhin beim Militärdekan und beim Truppenarzt, um seine Gewissensnöte und Bedenken zu äußern – woraufhin er in die Psychiatrie des Bundeswehrkrankenhauses in Koblenz überwiesen wurde. Nach Reflexüberprüfungen und Computertomographien kam das Gespräch mit dem Nervenarzt. Pfaff sagte: „Ich muss doch verweigern, man hat mir beigebracht, dass ich mich nicht an einem Verbrechen beteiligen darf, auch nicht auf Befehl.“ Der Arzt antwortete: „Dann handeln sie also zwanghaft. Wie hängen Sie eigentlich ihr Klopapier auf, eventuell immer in die gleiche Richtung?“ – Doch auf diese Weise war Florian Pfaff nicht beizukommen.

Auch eine offizielle Degradierung durch das Truppendienstgericht Nord in Münster wegen Gehorsamsverweigerung nützte nichts, Pfaff zog vor das Leipziger Bundesverwaltungsgericht und bekam Recht – die Ernsthaftigkeit seiner „Gewissensentscheidung“ wurde anerkannt, und dies, obwohl Pfaff sich eigentlich schlicht auf die Rechtslage berufen hatte – die eine Beteiligung der Bundeswehr am Irakkrieg nicht zuließ.

Mittlerweile wurde Florian Pfaff zu den Sanitätern versetzt – die Führung setzt auf Deeskalation – eigentlich möchte er die Bundeswehr verlassen: „Das ist nicht mehr meine Bundeswehr, als ich eintrat, war sie für mich die größte Friedensbewegung der Welt“, sagt Pfaff, der sich in einer Zeit verpflichtet hatte, in der an Auslandseinsätze gar nicht zu denken war – damals war der Krieg für die Bundeswehr „kalt“, eine reine Verteidigungsarmee, rekrutiert aus Bürgern in Uniform, geleitet nach dem Prinzip der inneren Führung.

„Meinem Eindruck nach gerät das Prinzip der inneren Führung in der Bundeswehr immer mehr in den Hintergrund“, sagt der desillusionierte Pfaff: „Es tut weh, zu erkennen, wenn die eigenen Leute plötzlich auf der falschen Seite stehen, das ist ein Schock.“ Seitdem Florian Pfaff öffentlich in Vorträgen und Interviews zum Widerstand aufruft, hat er in der Bundeswehr keinen guten Stand mehr, wenngleich er betont, dass die meisten Kameraden eigentlich auf seiner Seite stehen: „In der Bundeswehr gibt es viele, die gegen den Irakkrieg sind“ erzählt er.

Florian Pfaff hat sich nicht von Befehlen einschüchtern lassen – der gebürtige Münchner hat schon zu Hause gelernt, dass es sich lohnt, für seine Überzeugungen einzustehen. Er ist gläubig, als Kind war er einige Jahre in einem katholischen Internat: „Meine Motivation ist allerdings nicht religiöser, sondern ethischer Natur, es ist einfach nicht korrekt, sich an einem Verbrechen zu beteiligen. Da mache ich schlicht nicht mit“. Florian Pfaff möchte andere ermutigen: „Bei mir haben die auch nicht geglaubt, dass ich das durchziehe.“ MARTIN REICHERT