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Archiv-Artikel

INGO ARZT ÜBER SEEHOFERS ENERGIEWENDEBLOCKADEN Crazy Horst landet Volltreffer

Den Bürgerinitiativen wird nur die halbe Wahrheit erzählt

Ein blinder Bayer findet offenbar auch mal ein Korn. Alle Welt pickt gerade auf Horst Seehofer ein, weil der sagt, man müsse vielleicht noch mal darüber nachdenken, ob wirklich alle Stromtrassen für die Energiewende gebraucht werden. Dafür wird er gescholten, von Grün bis Schwarz: Anton Hofreiter nennt ihn einen „feigen Populisten“, EU-Energiekommissar Günther Oettinger fordert Seehofer „zum Mitwirken“ auf. Einzig: Der bayerische Ministerpräsident hat im Prinzip recht.

Wobei es sich um einen Glückstreffer handelt. Eigentlich ist Seehofer unglaublich inkonsequent. Eben hat seine Landesregierung verfügt, dass Windräder im Freistaat nur noch zwei Kilometer vom nächsten Haus entfernt gebaut werden dürfen, was einem Baustopp entspricht. Gleichzeitig will er keine Leitungen für Windstrom aus dem Norden: „Suedlink“ heißt die 800 Kilometer lange Trasse, gegen die es in Bayern jetzt Protest gibt und für die Seehofer – mit Blick auf die im März anstehenden Kommunalwahlen – einen Planungsstopp will. Und während der CSU-Chef stets eine billige Energiewende fordert, setzt er sich für teure Biogasanlagen ein, weil die ja in Bayern stehen. Seehofer hat, im wörtlichen Sinne, keinen Plan.

Ungewollt spricht er das Richtige an. In Deutschland gibt es ein sehr rares Gut, nämlich Natur. Die Energiewende frisst enorm viel Fläche, weil Windräder, Solarzellen, Energiemais und Leitungen Platz verbrauchen. Dass die neuen Leitungen für die Energiewende dringend gebraucht werden, ist nur die halbe Wahrheit. Sie sind auch für den Export von Kohlestrom notwendig. Die Bürgerinitiativen, die gegen Leitungen sind, wissen, dass ihnen nur die halbe Wahrheit erzählt wird. Diese Stimmung greift Seehofer auf. Das Problem: Sobald es ihm opportun erscheint, wird er das ganz schnell wieder vergessen.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 6