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Archiv-Artikel

Harte Strafen für die Führung der Bahai-Gemeinde im Iran

RELIGIÖSE MINDERHEIT Zwei Frauen und fünf Männer werden wegen Spionage zu 20 Jahren Haft verurteilt

BERLIN taz | Die iranische Justiz geht mit drakonischen Strafen gegen die größte religiöse Minderheit des Landes vor. Einem Bericht des britischen Rundfunksenders BBC zufolge wurde die siebenköpfigen Führung der Bahai-Gemeinde am Sonntag zu jeweils 20 Jahren Haft verurteilt. Die beiden Frauen und fünf Männer sitzen seit mehr als zwei Jahren im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis.

„Wenn sich die Berichte bestätigen sollten, ist die Verurteilung dieser völlig unschuldigen und unverfänglichen Menschen absolut schockierend“, sagte Bani Dugal, Sprecherin der internationalen Bahai-Gemeinde bei der UNO in New York. „Unseren Informationen nach ist das Urteil den Inhaftierten bereits mitgeteilt worden. Ihre Anwälte werden dagegen Einspruch erheben“, sagte sie.

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, die unter anderem die Verurteilten vertritt, sagte der BBC, das Urteil sei „eindeutig politisch“. Sie werde dagegen Einspruch einlegen und die Freilassung der Häftlinge fordern.

Der Prozess gegen die sieben Bahais begann am 12. Januar, nachdem die Inhaftierten zwanzig Monate ohne Anklage in Haft waren. Ihnen wurden Spionage, Propagandaaktivitäten gegen den Staat und die Bildung einer illegalen Organisation vorgeworfen. Den Bahais mit ihren rund 300.000 Anhängern wurde 1983 jedoch verboten, sich in einer Gemeinde zu organisieren. Im Vergleich zu anderen religiösen Minderheiten genießen die Bahais am wenigsten Rechte. Denn aus der Sicht der herrschenden schiitischen Kleriker sind sie Abtrünnige.

Die Bahai-Religion stammt zwar vom schiitischen Islam ab, beruft sich jedoch auf den 1819 in der südiranischen Stadt Schiraz geborenen Baha Allah. Im Gegensatz zu den Schiiten, die Mohammed als den letzten Propheten betrachten, vertrat Baha Allah die Auffassung, die Offenbarung sei ein fortschreitender Prozess, der nie enden werde. Demnach müsse sich die Religion ständig weiterentwickeln, um sich den Veränderungen in der Welt anzupassen. Friede, Humanismus und Nächstenliebe gehören zu den zentralen Zielen des Bahai-Glaubens. Eine Religion, die zu Zwietracht führe, verfehle ihren Zweck. Daher sei es besser, ohne sie zu leben, lehrte Baha Allah.

Weltweit gibt es über fünf Millionen Bahais. Ihr spirituelles Zentrum liegt in der israelischen Stadt Haifa. Dieser Umstand liefert den Richtern den Vorwand für den Spionagevorwurf. Dabei wurde das Zentrum lange vor der Gründung des Staats Israel in Haifa angesiedelt.

Die Bahais wurden im Iran schon seit der Gründung ihrer Gemeinde verfolgt. Es gab aber immer wieder Phasen der Beruhigung und Duldung. Mit der Gründung der Islamischen Republik 1979 setzte eine neuerliche Phase der Verfolgung ein.

BAHMAN NIRUMAND