: Anarchistische Vierteilung
Ligapokal in Düsseldorf: Der Ligaverband DFL sieht keinen „Skandal“ beim kuriosen Elfmeterschießen zwischen Schalke 04 und Bayer Leverkusen. Auch die Unparteiischen pfiffen den Wettbewerb locker
AUS DÜSSELDORF ERIK EGGERS
Ein halb leeres Stadion, vier Mannschaften, zwei Spiele. Das kann nur der Ligapokal sein. Der offizielle Auftakt zur Nach-WM-Saison bot – neben den gewohnt mäßigen Auftritten der beteiligten Mannschaften – allerhand Merkwürdigkeiten. Dazu zählte auch das episch lange Elfmeterschießen dieser samstäglichen Doppelveranstaltung, dem 10:9-Sieg des FC Schalke 04 gegen Bayer Leverkusen. Hier waren bereits jeweils zehn Schützen angetreten, ohne dass es zu einer Entscheidung gekommen war. Nun mussten der Regel nach nur noch Schalkes Marcelo Bordon und der Leverkusener Fredrik Stenman schießen, dann würde das Penalty-Spielchen von vorn beginnen – dachten der Stadionsprecher und auch alle Zuschauer.
Doch zur Überraschung traten Schalkes Sören Larsen und Leverkusens Marko Babic, der an S04-Torwart Frank Rost scheiterte und so den Shoot-Out beendete, zu ihren jeweils zweiten Elfmetern an. „Das ist kein Skandal“, antwortete Tom Bender, der Medienchef der veranstaltenden Deutschen Fußball-Liga (DFL), auf die Frage eines perplexen dänischen Journalisten. Stenman sei verletzt gewesen, daher hätten sich beide Trainer darauf geeinigt, wieder von vorn anzufangen. Nach Ablauf der 90 Minuten machte Stenman freilich noch einen recht fidelen Eindruck, und er feixte auch mit seinen Kollegen, als er den Gang zum Elfmeterpunkt nicht zu gehen brauchte.
Beim vorherigen Spiel zwischen dem Hamburger SV und Hertha BSC Berlin (1:0) wurden die offiziell 23.195 Zuschauer in der Düsseldorfer LTU-Arena gar in einer Szene völlig unvermittelt aus ihrer Trance gerissen. Denn hier pfiff der Schiedsrichter in der 24. Minute aus heiterem Himmel, und dann liefen die Profis zur Seitenlinie, um Wasser zu trinken. „Dies ist eine Wasserpause, oder auch eine Trinkpause. Das haben die Spieler verdient“, erklärte der Stadionsprecher, und die Zuschauer protestierten mit lauten Pfiffen. Schließlich war es nicht sonderlich heiß, zudem hatten sich die Profis nach Meinung des Publikums nicht bis zur Erschöpfung verausgabt. Rund 70 Sekunden dauerte diese Unterbrechung, die man als anarchistischen Versuch des Fußball-Kapitals werten kann, das Spiel zu vierteilen, um so noch zwei weitere Werbeunterbrechungen zu erschleichen. FIFA-Chef Sepp Blatter jedenfalls wird es schwer haben bei möglichen Ermittlungen. Denn die Idee dazu war kollektiv geboren worden – erklärte jedenfalls ein lächelnder DFL-Sprecher Tom Bender.
Nun könnte man einwenden, dass die DFL so viele Regeln biegen und brechen darf wie sie möchte – schließlich veranstaltet sie dieses Turnier. Aber die Frage, ob der Wettbewerb um den „ersten Titel der Saison“ (DFL-Werbung) so nicht zwangsläufig diese Jux-Veranstaltung ohne sportlichen Wert bleiben muss, die sie immer noch ist, muss gestellt werden. Die siegreichen Schalker treffen nun am Mittwoch im Halbfinale des Ligapokals auf die Bayern, der HSV spielt gegen Bremen. Interessante Spiele – wenn es wirklich sportlich um irgendetwas gehen würde. Wert hat der Ligacup nämlich nur finanziell: die Start- und Preisgelder belaufen sich auf insgesamt 5,2 Millionen Euro.